Eine schallende Ohrfeige hat das Gemeindeprüfungsamt des Kreises Segeberg der Henstedt-Ulzburger Verwaltung verpasst. Anders kann man es wohl nicht nennen, was die Prüfer bei Durchsicht der Unterlagen zum Umbau der Olzeborchschule zu Tage gefördert, zu Papier gebracht haben und was die hiesigen Kommunalpolitiker in der nächsten Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses beschäftigen wird. Nicht nur von fehlenden Belegen ist im Abschlussbericht des Segeberger Gemeindeprüfungsamtes die Rede.
Anlass zu der Sonderprüfung durch den Kreis: Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 hatte die Gemeinde Henstedt-Ulzburg die Landrätin gebeten, eine Überprüfung der vom gemeindlichen Ausschuss zur Prüfung der Jahresrechnung beanstandeten Baumaßnahme „Olzeborchschule – Umbau zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule“ durch das Gemeindeprüfungsamt zu veranlassen.
Hintergrund: Die ehrenamtlichen gemeindlichen Kontrolleure hatten zum Thema Olzeborchschule erhebliche Beanstandungen gehabt. So stellte der Ausschuss in seinem Schlussbericht zur Prüfung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jugendstiftung Henstedt-Ulzburg für das Jahr 2011 vom 5. Dezember 2012 für diese Baumaßnahme fest, dass
• politische Beschlüsse nicht in den Akten enthalten sind und
• Begründungen für Nachtragsbeauftragungen fehlen,
• zum Teil keine Aufträge vorhanden sind,
• überwiegend nicht nachvollziehbar ist, wie sich die Endkosten einzelner Gewerke zusammensetzen, und
• Begründungen für abweichend gestellte Rechnungen immer fehlen.
Die professionellen Prüfer aus Bad Segeberg gaben ihren ehrenamtlichen Kollegen recht. Sie stellten ebenfalls erhebliche Mängel bei der Abrechnung des Bauvorhabens Olzeborchschule seitens der Gemeinde fest:
# Diverse Leistungen wurden ohne schriftliche Beauftragung abgerechnet.
# Nachtragsangebote und schriftliche Nachtragsvereinbarungen waren überwiegend nicht vorhanden.
# Vermerke zur Prüfung von Nachtragsangeboten waren durchgehend nicht vorhanden.
# Das Fehlen von zahlungsbegründenden Belegen und Leistungsnachweisen ist zu beanstanden.
# Für die abgerechneten und vom Architekten anerkannten Leistungen lagen weder ordnungsgemäße Aufmaße noch Abrechnungspläne vor.
# Die für die Abrechnungen verwendeten Maße waren nicht durch Zeichnungen oder Aufmaße belegt und somit nicht prüfbar.
Im übrigen gibt es weiter reichlich kritische Anmerkungen der Kontrolleure zu den einzelnen Gewerken. Insgesamt hatte das Bauvorhaben ein endgültiges Volumen von rund 905.000 Euro bei zunächst veranschlagten 834.000 Euro. Gegenüber der Hamburger Elbphilharmonie oder dem neuen Berliner Flughafen eine geradezu geringe Steigerung.
Eine kritische Bemerkung der Kontrolleure zur Vergabepraxis der Gemeinde, die vor der Kommunalwahl in Henstedt-Ulzburg heftig diskutiert worden war, gibt es auch: „Bei der Durchsicht der Unterlagen fiel auf, dass relativ viele Firmen aus Henstedt-Ulzburg beauftragt wurden. Freihändige Vergaben mit Preisumfrage waren bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 Euro netto nach der Ausschreibungs- und Vergabeordnung der Gemeinde (AVO) auf der Basis der Schleswig-Holsteinischen Vergabeverordnung zulässig“. Gemäß § 6 „Vergaben ohne Ausschreibung (freihändige Vergaben)“ der AVO sei bei der Auswahl der aufzufordernden Firmen darauf zu achten, dass neben ortsansässigen Unternehmen auch leistungsfähige Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb des Gemeindegebiets haben, regelmäßig mit aufgefordert werden, regen die Prüfer an. Vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran habe, die Bauleistungen unter Wettbewerbsbedingungen zu vergeben, sollte dieser Vorgabe der AVO künftig besonderes Augenmerk geschenkt werden.
Die Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses beginnt am Montag, 16. September, um 18.30 Uhr im Rathaus. In ihr beschäftigen sich die kommunalpolitiker auch mit der ersten Nachtragshaushaltssatzung der Gemeinde für das laufende Haushaltsjahr.
Jörg Schlömann
15. September 2013