Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Kommentar: CDU-Chef Meschede hat seinen Laden nicht im Griff!

Was die Henstedt-Ulzburger Nachrichten schon vor geraumer Zeit befürchtet haben, ist jetzt eingetreten: Ganz offen rufen zahlreiche Vertreter des offensichtlich konservativen Spektrums, darunter viele CDU-Mitglieder, die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde per Annonce in einem Anzeigenblatt dazu auf, am 22. September gegen die Abwahl des beurlaubten Bürgermeisters Torsten Thormählen zu stimmen. Das ist ihr gutes Recht. Das entspricht demokratischen Gepflogenheiten.

Was die christdemokratischen Unterzeichner des Aufrufs aber offenbar vergessen haben: Die gesamte Gemeindevertretung, auch die 14 CDU-Mitglieder des Gremiums, hat die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, den Bürgermeister abzuwählen. Dieser einstimmige Beschluss erfolgte wohlgemerkt nach der Kommunalwahl vom Mai, nachdem bereits die alte Gemeindevertretung Torsten Thormählen einstimmig das Misstrauen ausgesprochen hatte. Ebenfalls zwei durchaus demokratische Entscheidungen, die damals in der Bevölkerung ohne große Kritik seitens der breiten Öffentlichkeit geblieben waren.

Zweimal also haben alle von uns gewählten Volksvertreter nein zu Thormählen gesagt, weil das Vertrauensverhältnis zerstört sei. Und auch der beurlaubte Verwaltungschef selbst hat die Henstedt-Ulzburger bei einer Bürgerversammlung ermuntert, ihn aus seiner Rathausposition abzuwählen. Beide Seiten können und wollen offensichtlich nicht mehr miteinander.

Was also soll jetzt die leidenschaftliche Beschwörung der Unschuldsvermutung? Natürlich ist Thormählen so lange unschuldig, bis ein ordentliches Gericht das Gegenteil festgestellt hat und das Urteil rechtskräftig ist. Das steht gar nicht zur Debatte! Auch der sentimental anmutende Appell, doch auf Thormählens Familie Rücksicht zu nehmen, scheint unangebracht: Niemand in Henstedt-Ulzburg hat das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den Noch-Verwaltungschef ausgelöst. Niemand hier muss dessen Ergebnisse verantworten.

Und CDU-Mitglied Joachim Sümes öffentliche Andeutung, zwei ehemalige Mitbewerber Thormählens um das Bürgermeisteramt, die heute in der Gemeindevertretung sitzen, könnten dessen Abwahl quasi aus eigenen Interessen betreiben, ist geradezu grotesk. Vielleicht aber entspricht sie ja dem Argumentationspotenzial eines ehemaligen Frühstücksdirektors.

Am 22. September geht es einzig darum, dass die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Votum den Weg frei machen für die Neuwahl einer Bürgermeisterin oder eines Bürgermeisters. Die nämlich wäre ohne die Abwahl Thormählens vor 2018 nicht möglich. Die Politiker möchten einen baldigen Neuanfang, die ewig Gestrigen aus dem konservativen Lager möchten offenbar lieber lähmenden Stillstand. Manche von ihnen sind nicht einmal bereit, die Argumente der Gegenseite anzuhören. Nibelungentreue nannte man solche Haltung zu Kaisers Zeiten.

Michael Meschede, Vorsitzender der Henstedt-Ulzburger CDU, ist offenbar nicht in der Lange, ein einheitliches Meinungsbild seiner Partei zum Fall Thormählen zu vermitteln. Die christdemokratischen Gemeindevertreter plädieren für Abwahl – vielleicht nur auf dem Papier? -, namhafte Parteimitglieder – darunter immerhin zwei ehemalige Bürgervorsteher und ein aktuelles Fraktionsmitglied – sprechen sich für das Gegenteil aus und gefallen sich in der Rolle der Volkstribunen. Meschede hat seinen Laden nicht im Griff, wenn jeder reden kann, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne dass ein klares Wort von der Parteiführung dazu verlautet.

Wir hatten das befürchtet und schon vor einiger Zeit an den CDU-Landtagskandidaten und Ex-Bürgermeister Volker Dornquast appelliert, in der Abwahlfrage klar und unmissverständlich Stellung zu beziehen. Wir hatten gerade ihn angesprochen, weil wir überzeugt davon sind, dass Dornquasts Wort noch immer Gewicht hat in Henstedt-Ulzburg. Aber leider hat der Thormählen-Vorgänger bis heute geschwiegen. Die CDU-Spitze auch. Will die stärkste politische Kraft in der Gemeinde den Fall Thormählen etwa einfach aussitzen? Will die CDU wirklich den Chefsessel im Rathaus für weitere fünf Jahre einer störrischen Freizeitpolitikerin überlassen, die erst kürzlich wieder betont hat, sie setze die Prioritäten im Rathaus?

Aber nicht nur die Christdemokraten sind gefordert – alle demokratischen Kräfte in dieser Gemeinde sind dazu aufgerufen, diesem unwürdigen Henstedt-Ulzburger Trauerspiel zu einem schnellen Ende zu verhelfen!

Jörg Schlömann

29. August 2013