Vorsicht in Ulzburg Nord. Weil Reineke Fuchs und seine Bande offenbar schlauer sind als gedacht, will das Rathaus nun die Waffen sprechen lassen. Das hat Bürgermeister Bauer jetzt angekündigt. Der Verwaltungschef: „Es hat sich gezeigt, dass das im letzten Jahr eingeführte Prädatoren-Management (wie die frühzeitige Installation eines Bodenräuber-Schutzzaunes) zum Schutz der Brutgehege allein nicht ausreicht. Es müsste zusätzlich noch eine stärkere Bejagung der Bodenprädatoren durch die ortsansässigen Jäger erfolgen. Eine intensivere Abstimmung mit den ortsansässigen Jägern ist geplant.“
Hintergrund der Bauerschen Stellungnahme: Auf der nördlichen Seite des Autobahnzubringers versucht die Gemeinde mit großem Aufwand Ersatzlebensraum für Bodenbrüter wie den Kiebitz geschaffen – weil das Naturland auf der südlichen Seite mit den Logistikzentren von Netto und Rewe zugepflastert wird. Der Kiebitz steht auf der roten Liste, das Umsiedlungsvorhaben ist naturschutzrechtlich vorgeschrieben.
Das Problem: Die Aktion läuft jetzt schon seit fünf Jahren ohne Erfolg. Im vorvergangenen Jahr hatte es zwar erste Kiebitzgelege gegeben, die Brut war aber von Räubern gefressen worden. Bauamtsleiter Jörn Mohr damals: „Wir glauben, dass das der Fuchs war.“ Doch auch in der jüngsten Brutsaison haben sich die Kiebitze trotz Schutzzäunen nicht vermehrt. Neben dem Fuchs zählen von der Gemeinde beauftragte Biologen noch weitere verdächtige Fressfeinde auf, auf die nun Jagd gemacht werden soll. Demnach gehören zur Bande um Reinecke: Iltis, Hermelin, Steinmarder, Wanderratte, Waschbär und Marderhund.
Die Biologen haben aber noch ein weiteres Problem ausgemacht – und das könnte das ganze Vorhaben ad absurdum führen. Denn zentrales Mittel um den Kiebitz anzulocken, sind die auf der Fläche grasenden Robustrinder. Die wurden dort extra ausgesetzt, um das Gras für den Kiebitz kurzzuhalten. Denn der braucht als Lebensraum kurzgeschnittene Wiesen, auf denen er auch mal sandige Mulden zum Brüten findet. Die Naturfachleute haben nun aber herausgefunden, dass auch Rabenvögel solche beweideten Flächen lieben. Auf dem Areal gebe es eine hohe Konzentration von Krähen, die sich über Eier und Kücken der bodenbrütenden Arten hermachen, geht aus dem Bericht der beauftragten Biologen hervor. Angelockt würden die Krähen durch die Kuhfladen, auf denen sich jede Menge Insekten tummeln. Die Experten im O-Ton: „Durch die Weidetätigkeit wird die Fläche dauerhaft kurz gehalten, so dass sie für die Krähen praktisch ganzjährig als Nahrungshabitat nutzbar ist. Darüber hinaus werden durch den Einsatz von gering medikamentierten Robustrindern gute Lebensbedingungen für eine vielfältige Dungfauna geschaffen, die wiederum eine wichtige Nahrungsgrundlage für die Krähen bieten.“
Im Klartext: Anders als übliche Weidetiere sind die Robustrinder einfach zu gesund, die Kuhfladen deswegen kräftig von Fliegen und anderen Insekten besiedelt, was wiederum die Rabenvögel anlockt. Ganz offenbar ein Teufelskreis. Doch was tun um aus diesem herauszukommen? Die Robustrinder etwa durch mit Antibiotika kontaminierte Hochleistungskühe ersetzen? Die Naturexperten haben eine andere Idee – sie wollen versuchen, nach den Kiebitzen nun auch die Krähen, die unter Naturschutz stehen und nicht bejagt werden dürfen, umzusiedeln. Ihre Empfehlung: Im Umkreis liegende Flächen ebenfalls von Öko-Rindern beweiden zu lassen. Die Experten: „Auf diese Weise könnten dort dann zusätzliche Nahrungsressourcen für die Saatkrähen entstehen, so dass sich die Tiere dann weiter im Raum verteilen und sich entsprechend weniger stark auf der Ausgleichsfläche konzentrieren.“
Was nun wirklich unternommen wird? Erst einmal haben Henstedt-Ulzburgs Ortspolitiker dabei ein Wörtchen mitzureden. Am Montag (26.02) werden die Vorschläge im Ratssaal beraten.
Christian Meeder
19. Februar 2018