Letzteres war eine unmittelbare Folge der WHU-Schrumpfung: Knall auf Fall hatten vier WHU-Fraktionsmitglieder ihren Austritt aus der Wählergemeinschaft erklärt, bildeten mit dem zuvor schon abgesprungenen Martin Andernacht eine eigene Fraktion, die Bürger für Bürger, kurz BFB. Die WHU, bis dato stärkste Fraktion in der Gemeindevertretung halbierte sich fast, ordnete sich nun zahlenmäßig hinter den beiden Volksparteien CDU und SPD ein.
Der Grund, den die WHU-Flüchtlinge damals für ihren Austritt anführten, war nicht in erster Linie programmatischer Natur, die Rede war vielmehr von einer „veränderten politischen Arbeitsweise in der WHU“. Ziele und Aufgaben würden größtenteils vorgegeben, Fraktionsdisziplin werde gefordert, das offene Stehen zur eigenen Meinung sei unerwünscht, hieß es damals.
Kein Geheimnis ist auch, dass es zwischenmenschlich nicht mehr funktionierte in der Wählergemeinschaft: Personen, die sich 2008 nach dem fulminanten Kommunalwahlsieg noch in den Armen gelegen hatten, wollten sich nun nicht einmal mehr die Hand geben.
Die faustdicke Überraschung gab’s dann aber im Mai diesen Jahres bei der Kommunalwahl. Der Rumms von 2012, die Abspaltung der BFB von der WHU, hatte für beide Parteien keine negativen Auswirkungen bei den Bürgern. Beide Wählervereinigungen durften sich als Wahlsieger fühlen. Die BFB holte 19,9 Prozent, die WHU schaffte 22,3 Prozent und wurde vor den Sozialdemokraten zweitstärkste Kraft in der Gemeindevertretung.
Am vorigen Donnerstag gab’s nun die nächste Überraschung – kurz nach dem gemeindlichen Empfang für Vater und Sohn Schnittger auf dem Rathausvorplatz:
Räumlich getrennt, plauderten dort zwei Grüppchen. An dem einen Tisch Mitglieder der WHU, an dem anderen Mitglieder der BFB. Plötzlich löste sich jemand von der einen Gruppe und wechselte hinüber zur anderen. Es war WHU-Fraktionschefin Karin Honerlah, die ganz plötzlich und völlig überraschend auf ihre ehemaligen politischen Mitstreiter zugegangen war. Und damit ein hoffnungsvolles Signal ausgesendet hatte, das vielleicht von kommunalpolitischer Bedeutung sein kann: Dass politische Inhalte künftig wieder wichtiger sein könnten als persönliche Differenzen…
Christian Meeder
29.7.2013