Schadensbegrenzung und Beschwichtigung wollte Bürgervorsteher Carsten Schäfer wohl erreichen mit seiner ersten Rede in der Gemeindevertretung nach Antritt des Zwangsurlaubs von Bürgermeister Torsten Thormählen und dem Auseinanderbrechen der WHU-Fraktion. Und so ließ denn der Vorsitzende der Gemeindevertretung seine Kolleginnen und Kollegen sowie die zahlreichen Zuhörer wissen, dass er – als sei nichts geschehen – Rosenmontag „schön gefeiert“ und sich „amüsiert“ habe.
Ein Lächeln konnte das den Kommunalpolitikern freilich nicht entlocken. Schweigend und mit ernsten Mienen nahmen sie Schäfers „staatstragende“ Rede zur Kenntnis: Zwar seien „schwere Vorwürfe gegen unseren Bürgermeister“ laut geworden, „aber wir alle sind gut beraten, Herrn Thormählen nicht vorzuverurteilen, sondern ihn als unschuldig anzusehen.“
Schäfer bemühte sogar den Henry-Fonda-Film „Die zwölf Geschworenen“, in dem es letztlich einem Jury-Mitglied gelingt, die übrigen elf von der Unschuld des Angeklagten zu überzeugen. Von den Fraktionen allerdings verlautete zum Fall Thormählen kein Wort während der Sitzung – nicht einmal von der CDU, die den Verwaltungschef schließlich als Kandidaten in den Wahlkampf geschickt hatte. Und so blieb Carsten Schäfer ein weiterer Appell vorbehalten: „Nochmals die Bitte an alle, keine Vorverurteilungen vorzunehmen.“
Auch die Spaltung der WHU, der zweite Eklat in der Kommunalpolitik binnen weniger Tage, schien für Schäfer nicht weiter dramatisch. Jedenfalls kritisierte er die Henstedt-Ulzburger Nachrichten, die getitelt hatten: „Die Kommunalpolitik versinkt im Chaos“ mit scharfen Worten: „So ein kolossaler Blödsinn! Die Politik arbeitet weiter. Die Akteure sind ja geblieben. Eine etwas andere Zusammensetzung. Die Köpfe sind noch da. Es wird im Moment etwas mehr übereinander gesprochen. Die turnusmäßigen Sitzungen finden statt.“ Kein Wort davon, dass möglicherweise Wähler enttäuscht oder gar getäuscht worden sind.
Und auch mit sich und seinem Amt als Bürgervorsteher schien Schäfer keine Probleme zu haben: Er sei seinerzeit als Mitglied der stärksten Fraktion auf Vorschlag der WHU zum Bürgervorsteher gewählt worden – bis zum Ende der Periode im Sommer 2013. „Wenn aber bei der nun stärksten Fraktion der Wunsch besteht, die Person des Bürgervorstehers auszutauschen, so reicht es aus, mir Signale zu geben“, so Schäfer. Die freilich blieben seitens der CDU aus; hatte man doch schon vor der Sitzung signalisiert, am Bürgervorsteher festhalten zu wollen.
Uns so konnte sich Schäfer auf den Hinweis beschränken: „Eine Abwahl mit Zweidrittel-Mehrheit ist möglich. Übrigens muss nicht immer automatisch die größte Fraktion die herausgehobenen Positionen in der Politik besetzen. In den 90er Jahren war Herr Kaesbach stellvertretender Bürgermeister. Er gehörte einer Partei an, die zur kommenden Landtagswahl unter fünf Prozent gehandelt wird.“ Was Schäfer nicht erwähnte: Damals war der hauptamtliche Bürgermeister CDU-Mitglied und dessen Fraktion häufig auf die Unterstützung der FDP angewiesen.
Jörg Schlömann
22. Februar 2012