Jetzt ist er doch noch Chef. Ulf Klüver ist am Sonnabend zum Vorsitzenden des grünen Ortsverbandes gewählt worden. Er erhielt alle Stimmen der anwesenden 12 Mitglieder. Klüvers fehlgeschlagener Versuch im November, den Chefposten bei der WHU zu übernehmen, gilt als Auslöser für das Zerwürfnis innerhalb der Wählervereinigung. Klüver hatte eine Abstimmung um den WHU-Chefsessel gegen Amtsinhaber Wilhelm Dahmen mit 13 zu 18 Stimmen verloren, aus Ärger darüber dann zwei Tage später seine Parteiämter niedergelegt. Kurt Göttsch hatte ebenfalls seine Ämter niedergelegt. Im Dezember hatten dann mehrere WHU-Fraktionsmitglieder bekannt gegeben einen Ortsverband der Grünen gründen zu wollen.
Das ist nun am Sonnabend passiert, als gleichberechtigte Vorsitzende wurde Anja Hampel gewählt. Kurt Göttsch soll den Fraktionsvorsitz übernehmen. Inhaltlich wollen sich die Neu-Grünen am WHU-Wahlprogramm orientieren. „Dafür haben wir bei der Kommunalwahl gekämpft“, sagte Göttsch. Neu-Parteichef Klüver sagte in seinen ersten Worten nach der Wahl, dass er demnächst in Pension gehen werde, und dann viel Zeit für Politik habe. Klüver ist Polizeibeamter.
Ein Besucher am Sonnabend war zur Überraschung vieler der WHU-Vorsitzende Wilhelm Dahmen. Er liebäugelt aber nicht mit einem Parteiwechsel, im Gegenteil: Dahmen, ebenfalls Polizist, wollte offenbar für Recht und Ordnung sorgen. Sein Statement mitten in der Gründungsversammlung: „Ich fordere alle auf ihr Mandat zurückzugeben.“ Dahmen ist ganz offenbar der Meinung, dass Klüver, Göttsch und Co. ihren Sitz im Ratssaal allein oder überwiegend ihrer WHU-Zugehörigkeit zu verdanken haben.
Ulrike Täck, Kreisvorstandssprecherin der Grünen, hielt Dahmen entgegen, dass alle vier neuen Grünen-Gemeindevertrerer ihren Wahlbezirk direkt gewonnen haben. Mehr als verärgert über Dahmens Einlassung war Kurt Göttsch. Er bezeichnete Dahmen gegenüber den HU-Nachrichten als „den schlechtesten WHU-Vorsitzenden aller Zeiten“, der nirgendwo den Mund aufbekomme, aber nun ausgerechnet bei der Gründungsversammlung der Grünen auftrete, das sei mehr als schlechter Stil. Göttsch erinnerte zudem an den Fall Mariano Cordova. Der heutige Bürgervorsteher war in der vergangenen Wahlperiode von der CDU zur WHU gewechselt, hatte sein Mandat ebenfalls mitgenommen. Darüber habe Dahmen seinerzeit gejubelt, sagte Göttsch.
Und noch ein prominenter Gast war bei der Grünen-Versammlung als Beobachter dabei. Altbürgervorsteher Carsten Schäfer. Schäfer hatte seine kommunalpolitische Arbeit vor drei Jahrzehnten mal bei den Grünen begonnen, schaute prüfend in die Runde. Gesichter von damals habe er nicht entdecken können, sagte Schäfer den HU-Nachrichten. Wahrscheinlich saßen zu Schäfers Zeiten nicht nur andere Leute in der Partei, auch die Sprache bei den Grünen war wohl noch eine andere: Im Ratssaal war kürzlich darüber abgestimmt worden, ob man die Beschäftigten im Rathaus als ‚Mitarbeitende‘ oder als ‚Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter‘ bezeichnen soll, bei den Grünen ist man da schon einen Schritt weiter. Die Partei verwendet konsequent die weibliche Form. Neu-Parteichef Ulf Klüver wurde beharrlich als ‚Vorstandssprecherin‘ tituliert, zur ‚Schatzmeisterin‘ gewählt wurde Thorsten Möhrcken.
Die neue Wirklichkeit bei den Grünen haben noch nicht alle Ex-WHU’ler verinnerlicht. Bei der Wahl der Vorstandsbeisitzer kam es zu einem Disput zwischen Uwe Köhlmann-Thater und Ulrike Täck vom Kreisvorstand. Thater wollte einfach mit der Wahl loslegen, da meldete sich die erfahrene Parteigängerin zu Wort. Das „Frauenstatut“ werde so nicht eingehalten, es müssten geschlechtergetrennte Abstimmungen durchgeführt werden. Köhlmann-Thater war irritiert, es müsse doch das Meist-Stimmen-Prinzip gelten, „wer die meisten Stimmen bekommt, wird gewählt, egal ob Frau oder Mann“, sagte Thater, doch er irrte. Weil in den Vorstand neben einer Frau schon zwei Männer gewählt worden waren, mussten nach Grünen-Logik für einen sechsköpfigen Vorstand nun in jedem Fall zwei Frauen gewählt werden.
Zwei Männer und zwei Frauen stellten sich zur Wahl, drei Plätze standen aber nur zur Verfügung. Deshalb tatsächlich zwei Abstimmungen, streng getrennt nach Männlein und Weiblein. Zunächst hieß es Ladys First, beide Frauen wanderten einstimmig in den Vorstand. Die Männer mussten anschließend gesondert in einer Kampfabstimmung gegeneinander antreten. Der Verlierer, Wolram Zetzsche, war sauer: Der Job des Kassenprüfers stehe noch zur Verfügung, ob er denn den nicht machen wolle? Zetsches Antwort: „Nö, das mache ich nicht.“
Christian Meeder
27. Januar 2019