Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Giftliste einstimmig beschlossen!

Ausschnitt aus der Giftliste des Arbeitskreises Haushaltskonsolidierung. In dem Gremium saßen jeweils drei Vertreter von CDU, WHU, SPD, BFB und FDP, dazu Bürgermeister Bauer, Gemeindekämmerin Brix sowie weitere Mitarbeiter der Verwaltung

Jetzt wird es ernst. Das Gemeindeparlament hat am Dienstag einstimmig beschlossen, den Abschlussbericht des überparteilichen Konsolidierungsarbeitskreises zur Arbeitsgrundlage in den gemeindlichen Gremien zu machen. In dem Papier werden umfangreiche Steuer- und Abgabenerhöhungen zur Sanierung der Gemeindefinanzen vorgeschlagen. „Die Fachausschüsse beraten jetzt über die einzelnen Empfehlungen und über ihre Umsetzung“, kündigte CDU-Politiker Folker Brocks an.

Gefordert wird unter anderem eine Anhebung von Grund-, Gewerbe – und Hundesteuer, die Einführung von Straßenreinigungsgebühren und Parkplatzgebühren soll geprüft werden.

Ebenfalls drin in der Giftliste: eine Überprüfung der Kita-Gebühren. Eine Verteuerung des Krippen – und Kindergartenbesuchs hatte der Kinder- und Jugendausschuss gerade erst abgelehnt. Darüber ärgerte sich Carsten Schäfer: Die Gebühren seien seit 2010 gleichgeblieben, seitdem seien aber nicht nur die Kosten, sondern auch die Gehälter der Mütter und Väter gestiegen. „Wir dürfen bei Gegenwind nicht einknicken“, forderte der BFB-Gemeindevertreter.

Zur Zeit kostet ein Kindergartenbesuch in der Großgemeinde monatlich maximal 261 Euro, für einen Ganztageskrippenplatz müssen Eltern jeden Monat 343 Euro hinblättern. Zum Vergleich: Norderstedt macht keinen Unterschied zwischen Kindergarten- oder Krippenbetreuung, die Kosten für einen Ganztagesplatz betragen dort einheitlich 230 Euro. Kaltenkirchen ist ebenfalls günstiger, Quickborn hingegen teurer.

Noch kostenlos in Henstedt-Ulzburg: Nachmittagskurse an Gemeinschaftsschulen oder die Hausaufgabenbetreuung an Grundschulen: Demnächst könnten den Familien aber auch dafür Gebührenbescheide ins Haus flattern. „Eine Einführung von Entgelten (mit Sozialstaffeln) sollte geprüft werden“, heißt es im beschlossenen Konsolidierungspapier.

CDU-Fraktionschef Dietmar Kahle sagte, jetzt sei der richtige Zeitpunkt gekommen, um mit der Konsolidierung loszulegen – auch wenn die aktuelle gemeindliche Verschuldung im Vergleich zu anderen Kommunen gar nicht so schlecht ausfalle: Denn die Zahlen würden zukünftig schlechter und nicht besser, so der promovierte Biologe.

Ende 2013 hatte die Großgemeinde nahezu exakt 25 Millionen Euro Schulden, pro Kopf weniger als etwa Kaltenkirchen oder Norderstedt. Gemeindekämmerin Bärbel Brix rechnet in ihrem allerneuesten Finanzausblick im Jahre 2017 mit einer Schuldenhöhe von etwa 33 Millionen Euro, zu Jahresanfang hatte sie für 2017 noch 41 Millionen Euro prognostiziert.

Karin Honerlah erklärte, Ziel des Maßnahmenpakets sei die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erhalten. Es gehe nicht darum, die Bürger größtmöglich abzuschöpfen. „Dagegen verwahre ich mich“, so die WHU-Fraktionschefin. Welche Grausamkeiten am Ende tatsächlich durchsetzbar sind, ist schwer zu sagen. SPD-Fraktionschef Horst Ostwald ärgerte sich über Pressemeldungen, in der von der größten Steuer- und Abgabenerhöhung aller Zeiten zu lesen gewesen sei. Es handele sich erst einmal um einen Arbeitsauftrag, betonte Ostwald.

Die FDP war schon in der vorigen Woche vorgeprescht, hatte einer Erhöhung der Gewerbesteuer sowie einer Einführung von Straßenreinigungsgebühren eine Absage erteilt. Fraktionschef Eberhard forderte am Dienstag zudem einen Strategiewechsel: Die Gemeinde müsse weg davon, alles selber machen zu wollen, viele Aufgaben könnten private Unternehmen kostengünstiger übernehmen, so könnten Steuer- und Abgabenerhöhungen vermieden werden. CDU, WHU, SPD und BFB hatten erst im Mai beschlossen, Schulen und Kindergärten wieder von bei der Gemeinde angestellten Putzkräften reinigen zu lassen. Wegen Unzufriedenheit über die Reinigungsleistungen des privaten Putzpersonals. Eberhard hatte als einziger Gemeindevertreter gegen die Eigenreinigung gestimmt.

Die Kommunalpolitiker schlagen nicht nur reihenweise Belastungen für die Bürger der Großgemeinde vor, sie benennen auch mögliche teure Verwaltungsversäumnisse. Folker Brocks forderte die Verwaltung auf, sofort beim Land vorstellig zu werden, um eine Änderung der Eingruppierung Henstedt-Ulzburgs in der Landesplanung durchzusetzen. So werde Henstedt-Ulzburg dort immer noch als ‚Stadtrandkern ohne Teilfunktion eines Mittelzentrums‘, geführt. Würde die Großgemeinde den Status von Orten wie Bad Bramstedt, Bargteheide oder Trappenkamp erhalten, erhielte die Gemeinde zusätzliche jährliche Zuweisungen von 200.000 Euro. Sogar 700.000 Euros mehr im Jahr seien drin, wenn Henstedt-Ulzburg als ‚Mittelzentrum im Verdichtungsraum‘ eingestuft würde – so wie beispielsweise Pinneberg, Wedel oder Ahrensburg. Brocks sprach von veralteten Annahmen des Landes, die Bedeutung, die Henstedt-Ulzburg für das Umland habe, würde nicht gewürdigt.

Carsten Schäfer hingegen ist skeptisch, ob Henstedt-Ulzburg für eine Höhergruppierung gerüstet ist: „Als Dorf in Richtung Mittelzentrum zu marschieren ist schon ein bisschen grotesk.“

cm

18. September 2014