„So Petrus, nun lass es noch eine Stunde trocken bleiben“, meinte eine Besucherin mit skeptischem Blick zum Himmel, wo sich bereits erste Wolkenberge auftürmten. Es blieb trocken – und die vollbesetzten Zuschauerreihen vor der Waldbühne auch. Denn nun begann im Stadtpark Norderstedt in der Reihe „Sonntags im Park“ ein Spektakel der besonderen Art: eine faszinierende Flugschau der Greifvögel von der Falknerei Damm aus dem Erlebniswald Trappenkamp.
Wer sich den großen Vögeln bereits vor der Flugschau im Grünen genähert hatte, wo der Falkner Dietmar Damm den Besuchern Rede und Antwort über seine Vögel stand, hielt respektvoll Abstand, sobald sie ihre weiten Schwingen ausbreiteten. Da fühlte man sich auf der Tribüne schon sicherer, obwohl die Falken ganz dicht über die eingezogenen Köpfe des Publikums hinweg zischten, beim lauten Ruf „Ab!“ von Dietmar Damm jedoch sofort zurück auf seinen Arm flogen.
Wenn einer die Eigenarten dieser majestätischen Vögel kennt, dann er, denn er übt den Beruf des Falkners schon seit dreißig Jahren aus. Außerdem ist er Tierpfleger und Jäger sowie Jagdausbilder, erzählt er mit einem Bussard auf dem Arm. „Das Schönste von allem ist das Jagen mit den Greifvögeln“, schwärmt er. Denn sie ersetzen ihm die Flinte. Im lautlosen Flug. Das ist ursprüngliche Natur. „Früher, vor 4000 Jahren, hat man zur Fleischbeschaffung nur so gejagt“, verrät Dietmar Damm. Es sind Kaninchen, Enten, Vögel und Mäuse. In freier Natur müsse sich der Steinadler beim Jagen jedoch derart anstrengen, dass es danach nur noch eines für ihn gibt: gefangen, gefressen – und ausruhen. Nichts geht mehr. „Das ist ökonomischer Kräfteeinsatz.“
Bei der Präsentation des zweitgrößten Falken mit 900 Gramm Lebendgewicht verblüfft er die Zuschauer mit der Tatsache, dass der Falke seine Beute von oben sieht, im Sturzflug bei 300 km/h niedersaust und wieder hochfliegt. Seine Beute stirbt vor Schreck, so dass er sich später ganz gemächlich ans Verspeisen machen kann. Der sibirische Uhu (gerade in der Mauser) gehörte schon fast einer aussterbenden Rasse an, weil er als Todesvogel galt und bekämpft wurde. Inzwischen wurde er nachgezüchtet und begeisterte hier die Zuschauer mit seinem riesigen Flügelschlag.
Töchterchen Inka trat auch schon in Papas Fußstapfen und präsentierte einen neun Wochen alten Turmfalken auf ihrem kleinen Falknerhandschuh. Der zierliche Vogel liebte es offensichtlich, frei zu fliegen und suchte sich immer wieder spontan eine Schulter als Landeplatz aus. „Bis wir sie so fliegen lassen, trainieren wir sie wochen-, ja, monatelang immer nur auf dem Handschuh. Immer in derselben Umgebung. Nur so sind wir sicher, dass sie nicht wegfliegen“, sagt Damm.
„Den Bussard kennen Sie alle – er sitzt mit seinen Gefährten bevorzugt auf den Strommasten an der Autobahn und wartet auf das „Zivilisationsgulasch“ der überfahrenen Tiere“, sagte Dietmar Damm und löste damit spontanes und ein bisschen vorwurfsvolles Gelächter aus. Hemmungslos amüsiert wurde sich jedoch, als sein Bussard es sich im höchsten Wipfel eines Baumes gemütlich gemacht hatte und erst vom Falken wieder heruntergeholt werden musste.
Sein 13 Jahre alter Adler als Krönung der Show wiegt vier Kilo bei einer Spannweite seiner Flügel von zwei Metern. Adler können 30 Jahre alt werden. „Im Winter jagt es sich am besten mit dem Steinadler“, weiß der Falkner. Dann gibt es Hasen, Rehe und manchmal sogar Füchse. Dennoch sorgte er sich schon wieder um seinen Steinadler. „Das ist Schwerstarbeit, was er hier macht – immer wieder aus dem Stand heraus sein Körpergewicht in die Luft zu schwingen! Er muss sich jetzt erst mal ausruhen.“ Zum Abschied gab es viel Applaus, und etlichen Zuschauern war es ein Bedürfnis, dem Falkner-Ehepaar etwas „Futtergeld“ für ihre Vögel zuzustecken – nach freiem Eintritt und einer derart begeisternden Vorführung !
Gabriele David
Sonntag, 8. Juli 2012