Wenn der Kapitän von Bord geht, gibt es manchmal das Phänomen, dass die übrige Mannschaft über sich hinauswächst. Nach der unfreiwilligen Auszeit von Bürgermeister Torsten Thormählen wächst in Henstedt-Ulzburgs Verwaltung leider niemand über sich hinaus. Im Gegenteil: Gnadenlos offenbaren sich die Schwachstellen. Denn anders als früher, als ein in der Regel omnipräsenter Bürgermeister alle Fragen beantwortete, müssen jetzt die Amtsleiter selber ran und Rede und Antwort stehen.
Auf der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses hatte es endlich Holowatys „Fahrradfalle-Bahnbogen“-Antrag auf die Tagesordnung geschafft. Zur Erinnerung: Die Einmündung Hamburger Straße/Am Bahnbogen ist laut offizieller gemeindlicher Verkehrsstatistik 2011 Unfallhäufungspunkt. Radfahrer werden dort gerne mal übersehen und von Autofahrern auf die Hörner genommen.
Nachdem der FDP-Politiker seinen Antrag begründet hatte – der sah vor, einen Verkehrsspiegel zur Entschärfung der Gefahrensituation zu installieren – wandte sich der Ausschussvorsitzende Horst Ostwald an die Verwaltung: „Trägt jemand vor?“ rief der SPD-Fraktionsvorsitzende zum Verwaltungstisch hinüber.
Dazu muss man wissen, dass das gemeindliche Ordnungsamt auch gleichzeitig Henstedt-Ulzburgs Verkehrsbehörde ist. Ostwald dachte sich wohl, dass es nicht Schaden könne, vor einer Entscheidung der ehrenamtlichen politischen Mandatsträger, eine Expertenmeinung einzuholen.
Doch nicht nur angesichts der übervollen Tagesordnung wäre es wohl besser gewesen, auf das Verwaltungsstatement zu verzichten. Denn Henstedt-Ulzburgs oberster Verkehrsexperte, Ordnungsamtsleiter Gädigk, leugnete einfach jedweden Handlungsbedarf: 2010 habe es nur einen Fahrradunfall an der Kreuzung gegeben, und 2009 gar keinen, so der Dienststellenleiter. Die fünf Unfälle 2011 – für Gädigk offenbar statistische Ausreißer: Der Knotenpunkt Hamburger Straße/Am Bahnbogen „ist gar kein Unfallhäufungspunkt“, erzählte er den Ausschussmitgliedern.
Was auch immer diese jetzt dachten, angesichts der Tatsache, dass Gädigk kurzerhand mal die im Verkehrsunfallbericht schwarz auf weiß vorgenommene Einordnung des Knotenpunktes Hamburger Straße/Am Bahnbogen als Unfallschwerpunkt widerrief, blieben sie erstaunlich cool. Gädigks Einlassungen wurden jedenfalls einfach ignoriert, und dann begann eine muntere Diskussion darüber, auf welche Weise der Gefahrenpunkt wohl am besten entschärft werden könnte.
So plädierte Folker Brocks (CDU) statt eines Spiegels für ein warnendes Blinklicht, Wilhelm Dahmen (WHU) wollte das sehbehindernde Geländer kürzen lassen und Horst Ostwald zitierte aus einer Stellungnahme der Polizei, die vorschlug, als erste Maßnahme die Hecke an der Einmündung zu stutzen.
Umsetzen muss die Vorschläge nun gleichwohl das Ordnungsamt: Nach einer Prüfung, welche Maßnahme die geeignetste ist. Immerhin, das Landesverkehrsamt sitzt mit im Boot. Nach dem Stutzen der Hecke, so der Beschluss der Freizeitpolitiker, soll sich Henstedt-Ulzburgs Verwaltung nämlich mit der Itzehoer Behörde zwecks Lösungsfindung in Verbindung setzen.
Christian Meeder
11. November 2012