Da staunte Hedda Osswald aus Henstedt-Ulzburg nicht schlecht, als ihre weiße Perserkatze sie eines Morgens laut und schrill miauend quer durchs Haus bis in den Wintergarten lockte. Vor dem Strandkorb blieb sie stehen, wurde noch lauter und schaute immer wieder in die halbgeöffnete Schublade, bis das überraschte Frauchen sah, warum sich ihre Loulou so aufführte: Dort lag auf einem zusammengerollten Moskitonetz ein schneeweißer Winzling – ihr Baby!
Aber eigentlich hätte es dieses Katzenbaby gar nicht geben dürfen, weil der dafür verantwortliche Perserkater kurz vor der zurück gerechneten Zeugungszeit kastriert worden war. „Deshalb hat es wohl auch nur für eins gereicht“, sagt Hedda Oswald schmunzelnd. Denn nun war die Freude natürlich trotzdem groß, und das kleine Schneeflöckchen (es hat noch keinen Namen) ist der Liebling der ganzen Familie.
Dazu der Tierarzt Dr. Jörg-Eike Tödt, der die Kastration beim Kater vorgenommen hatte: „Das gibt es tatsächlich, dass es auch noch bis zu 14 Tage nach dem Eingriff zur Zeugung kommt, allerdings sehr selten. Da die Hoden ja weg sind, übernehmen Prostata und Samenleiter die Samenspeicherfunktion – aber nur für einen kurzen Zeitraum. Kommet es in dieser Zeit zum Deckakt, wird bei der Katze sofort ein Eisprung ausgelöst, und sie wird rollig. Theoretisch kann eine Katze also fünfmal im Jahr rollig beziehungsweise schwanger werden – bei einer Schwangerschaftsdauer von 60 Tagen.“ Noch eine Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer Kastration und einer Sterilisation? „Die Kastration ist irreversibel, also nicht mehr rückgängig zu machen.“
Dass zur Familie noch ein Berner Sennhund-Mix gehört und zeitweise auch der Golden Retriever der Tochter, stört die Katzen nicht. Sie leben friedlich nicht nur neben, sondern auch miteinander. Sogar das inzwischen sechs Wochen alte weiße Wollknäuel traut sich hautnah an den großen Hund heran, spielt und schmust mit ihm und räkelt sich sogar vor dem offenen Maul, während die Hündin in aller Ruhe einen Knochen abnagt! Dem Zuschauer stockt bei diesem Anblick sofort der Atem. Ein Haps und … „Nein, keine Angst. Die Kleine lässt sich sogar von ihm abschlecken und putzen. Das ist eine ganz große Liebe zwischen den beiden“, beruhigt Hedda Osswald.
Und Mama Loulou lässt die ungleichen Freunde gewähren. Froh, sich nicht dauernd um ihr verspieltes Kind kümmern zu müssen. Schließlich kennt sie die Hündin auch von Anfang an – und schenkt ihr uneingeschränktes Vertrauen. Außerdem hat sie inzwischen eigentlich genug von ihrer Mutterrolle, da sie ja erst vor fünf Monaten drei dieser weißen Kuscheltiere zur Welt gebracht hat. Und neben ihrem Baby auch noch den Bruder (die beiden anderen wurden weggegeben) säugen muss. Immerhin leben jetzt schon vier Exemplare dieser seltenen Rasse mit den strahlenden blauen Augen im Haus. Deshalb sollte der Vermehrung nun auch Einhalt geboten werden. Demnächst ist übrigens der Bruder soweit, dass er zum Tierarzt muss …
Alles begann vor drei Jahren, als Hedda Osswald eine weiße Perserkatze mit blauen Augen im Internet entdecke. „So eine würde ich auch gern haben“, schwärmte sie. Da traf es sich gut, dass sie gerade Hochzeitstag hatte. Und als Geschenk von ihren Kindern die schöne Loulou bekam, die sie damals noch „Moonlight“ nannten. Ein Jahr später gab es dann einen solchen Perserkater für ihren Mann. Bei dem Quartett soll es nun aber auch bleiben, „Schließlich wollen wir ja nicht züchten“, betont Hedda Osswald.
Gabriele David