Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Eigenbetrieb oder AöR? Infoveranstaltung im Gymnasium bei „Nebelkerzenschein“

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Am Mittwochabend waren Henstedt-Ulzburgs Bürgerinnen und Bürger ins Forum des Alstergymnasiums geladen, ihr Meinungsbild hinsichtlich des anstehenden Bürgerentscheids am 24. September zu bereichern. Am Tag der Bundestagswahl sollen sie darüber entscheiden, in welche Organisationsform die Kindertagesstätten der Großgemeinde zukünftig überführt werden: In einen Eigenbetrieb oder in eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR).

Bereits im Vorwege kam es zwischen der Bürgerinitiative „Pro Eigenbetrieb“ und den AöR-befürwortenden örtlichen Parteien BFB, CDU, FDP und WHU zu Scharmützeln. Besonders die Ausschöpfung juristischer Mittel durch die AöR-Koalition hinterließen nach Außen den Beigeschmack, damit den durch die Bürgerinitiative initiierten Bürgerentscheid torpedieren zu wollen.

Den gut 200 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern, unter denen sich auch zahleiche betroffene Erzieherinnen befanden, bot sich dann im Verlauf der Veranstaltung eine überwiegend podiumsartige Diskussion. Statements und Reden, in denen auch wieder Nicklichkeiten die Seiten wechselten, bestimmten den Verlauf. Gemeindevertreter Klaus-Peter Eberhardt (FDP) betonte, dass es schließlich um die „weltbeste Bildung“ ginge, für die bereits im Kindergartenalter der Grundstein gelegt werde. Deshalb wolle man die AöR und somit auch den Bürgermeister in seiner Tätigkeit entlasten.

Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister Stefan Bauer begegnete Eberhardts Worten mit einem Kopfschütteln: “Ich habe nicht um Entlastung gebeten.“ Auch kritisierte Bauer das bereits im Vorwege ständige Schlechtreden der Verwaltung durch eine AöR befürwortende Politiker. Er verwies dabei darauf, auch einmal in Nachbargemeinden zu schauen, die zum Teil mit gravierenderen Problemen zu kämpfen hätten.

Auf den Punkt brachte es dabei Horst Ostwald von der SPD: „Eine herkömmliche Verwaltung kann den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht mehr ausreichend gerecht werden.“ In diesem Sinne empfahl er, die Henstedt-Ulzburger Kitas in einen Eigenbetrieb auszugliedern, um nicht in bestehende Arbeitsverträge eingreifen zu müssen. Im Falle einer AöR wäre das jedoch notwendig.

Für Verwirrung unter den Anwesenden sorgte die Gemeindevertreterin Simone Brocks während der Fragezeit. Aus dem Publikum heraus referierte sie sichtlich unsicher über eine ihrer Ansicht nach gut funktionierende AöR des Kreises Segeberg. Mit wenigen Worten stellte jedoch Horst Ostwald klar, dass der von Brocks gezogene Vergleich zu den hiesigen Planungen hinkt, da das dort beschäftigte Personal überwiegend vom Land gestellt wird.

Mit einer Pattsituation sahen sich gegen Ende der Veranstaltung die Anwesenden in ihrer Meinungsfindung konfrontiert. Zuvor wurden die Kosten in die Ausgliederung der jeweiligen Organisationsformen als ungefähr gleich bewertet. So tauchte auch schnell aus dem Publikum die unsichere Frage auf, ob es also nur um die Belange der Erzieherinnen ginge.  Dazu äußerte eine betroffene Erzieherin Ihre Befürchtung, dass sie, trotz gegenteiliger Zusicherungen, durch einen Arbeitgeberwechsel in eine AöR ihre erworbenen Rechte langfristig gefährdet sieht.

Indirekt bestätigte der begleitenden Jurist Dr. Arne Gniechwitz vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG die Hypothese. Er sagte „Eine AöR ist wandelbar. Das Personal wäre dann nicht zur Gemeinde Henstedt-Ulzburg zurückführbar.“

Die menschlichen Aspekte unterstrich auch Nadine Braasch von der Bürgerinitiative „Pro Eigenbetreib“ in ihrem Vortrag: „Das hier ist kein Spiel. Es geht um Menschen. Eine AöR bewirkt eine Demotivation der Erzieherinnen. Gute Arbeit ist sichere Arbeit.“

Und diese Sicherheit sehen die Erzieherinnen offensichtlich auch in ihrem jetzigen Arbeitgeber: der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Hierzu muss man wissen, dass bereits im Vorwege 84% der Erzieherinnen sich für einen Eigenbetrieb, und somit gegen einen Arbeitgeberwechsel entschieden haben.

Ein nüchternes Fazit zog Bäckermeister Jan Wagner aus Henstedt. Für ihn steht ganz klar im Vordergrund, dass durch die Nähe eines Eigenbetriebes zur Verwaltung, die bereits vorhandene Infrastruktur deutlich besser genutzt werden kann. Die Gefahr, für einen weiterführenden Kita-Betrieb wichtige Erfahrungswerte zu verlieren, werde somit minimiert.

Gernot Willsch

8. September 2017