In einer Zeit, in der wir ständig daran erinnert werden, dass unsere Bevölkerung immer älter wird und die Pflegekräfte in den Heimen überfordert sind, befasst sich so mancher Senior spätestens ab dem 65. Lebensjahr damit, wie er seine Zukunft gestalten will, solange er noch gesund genug ist, um darauf Einfluss zu nehmen. Wie die Erfahrung zeigt, kommt es dann manchmal leider doch anders, als man es sich erhofft hat – und schon ist man plötzlich doch auf mehr oder weniger intensive Pflege angewiesen.
So erging es auch Annelie Schefe (83) vor neun Jahren, als sie einen schweren Schlaganfall erlitt. Da sie lieber zu Hause bleiben wollte als in ein Heim zu gehen, wurde ihr Haus in Henstedt-Ulzburg so umgebaut, dass sämtliche Räumlichkeiten im Erdgeschoss rollstuhlgerecht sind. Sie kann sogar mit dem Rollstuhl, an den sie seitdem gefesselt ist, bequem über die Terrasse ins Haus kommen. Dennoch: Die Krankheit war ein herber Schlag für die bis dahin so aktive Frau; sie war lange Jahre sehr engagiert als Vorsitzende des Hausfrauenbundes , heute BürgerAktiv, tätig. Deshalb ist Annelie Schefe bis heute für viele Henstedt-Ulzburger eine bekannte Persönlichkeit. „Aber alles, was ich damals in die Wege geleitet habe, war nur möglich, weil ich so ein wunderbares Team hatte, das mir immer zur Seite stand“, möchte sie betont wissen.
Gemeinsam mit ihrer Tochter Dörte Müller hatte sich Annelie Schefe für eine häusliche Betreuung mit ambulanter Pflege durch den DRK-Pflegedienst entschieden, unterstützt von zwei Polinnen im Haushalt, die sich ungefähr alle drei Monate abwechseln. Vermittelt von der Agentur „Hausengel GmbH“, gilt als ihr offizieller Wohnsitz das Haus der Patientin, wo die Polinnen ein eigenes Zimmer mit Bad bewohnen. Das heißt: Sie leben im Haushalt inklusive „freier Unterkunft und Verpflegung“. Gleichzeitig haben die Frauen Anspruch auf geregelte Pausen und sind krankenversichert. Die Polinnen gelten nicht als Pflegerinnen, sondern als Haushaltshilfen, die, wenn sie für drei Monate „übernehmen“, einen vereinbarten Monatslohn erhalten.
Dazu Tochter Dörte Müller: „Wir sind mit dieser Lösung bisher sehr zufrieden. Mit der Agentur läuft alles absolut legal, auch bezüglich der Aufenthaltsgenehmigung. Bisher hatten wir immer 50- bis 60-jährige Frauen, die sich mit Schlaganfall-Patienten auskennen.“ Außerdem sollten die Frauen Deutsch sprechen können, weil die Verständigung ja sonst nicht so richtig klappen würde. Und gerade die Unterhaltung tagsüber sowie das vertauensvolle Zusammensein machen den wesentlichen Unterschied zum Heim aus.
Annelie Schefe ist immer noch von dieser Lösung begeistert. „Manche der Frauen sind mir regelrecht ans Herz gewachsen. Und sie kochen so gut. Ich war immer sehr zufrieden.“ Zum „Programm“ gehören auch gemeinsame kleine Ausflüge nach Hamburg, zu Hagenbeck oder nach Planten un Blomen mit Bus und Bahn.“ Und die Seniorin genießt die Gewissheit, dass ihre drei Kinder für sie da sind. „Auch das Verhältnis zu meinen Enkeln ist einmalig schön.“ Deshalb findet die alte Dame auch, dass sie unter diesen Umständen einen schönen Lebensabend verbringen kann. „Es funktioniert alles wunderbar – was will ich mehr?“ Wer kann das schon von sich behaupten, der hundertprozentig auf fremde Hilfe angewiesen ist?
Gabriele David
12. Dezember 2015