Henstedt-Ulzburger Nachrichten

CDU, SPD, FDP beantragen „Ja zu Rewe“-Entscheid – Eberhard: Wir werden den Huxit verhindern

Der Discounter Netto zieht derzeit im Gewerbegebiet sein Warenverteilzentrum hoch, gleich daneben will sich Rewe ansiedeln

Aus der Überlegung ist ernst geworden. CDU, SPD und FDP wollen der Bürgerinitiative Ortsentwicklung tatsächlich mit einer Art Gegen-Bürgerbegehren Paroli bieten. Das verkündete jetzt Rathaus-Amtsleiter Jens Richter. Er in einem Rathauspapier: „Seitens der CDU-, FDP- und SPD-Fraktionen wurde am 07.11.17 gemeinsam beantragt, die Festlegung einer konkurrierenden Fragestellung zum Bürgerentscheid über die Aufstellung des Bebauungsplanes 146 zur Ansiedlung eines Gewerbebetriebes (aktuell Unternehmensansiedlung REWE) in die Tagesordnung aufzunehmen.“

Welche Frage die drei Parteien den Bürgern zur Rewe-Ansiedlung konkret stellen wollen, muss noch ausbaldowert werden. Richter: „Die CDU-, FDP- und SPD-Fraktionen haben angekündigt, die Formulierung der konkurrieren­den Fragestellung kurzfristig vorzulegen.“

Wohin die Reise gehen wird, hat CDU-Fraktionschef Sven Oldag gegenüber den HU-Nachrichten allerdings bereits vor zwei Wochen klargemacht. Es gehe darum, den Bürgern eine Frage zur Rewe-Ansiedlung zu stellen, die diese mit Ja beantworten können, wenn sie das Rewe-Zentrum in die Großgemeinde holen möchten. Dazu muss man wissen: Wer Rewe will, muss bei der von der Bürgerinitiative Ortsentwicklung vorgelegten Fragestellung mit Nein stimmen.

Die HU-Nachrichten hatten die Gegenentscheid-Planungen vor zwei Wochen öffentlich gemacht, während Oldag und SPD-Vertreter Christian Schäfer zu dem Zeitpunkt von Überlegungen sprachen, sagte FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Eberhard, er wisse von nichts, nannte stattdessen seine TOP3-Gründe, warum er für die REWE-Ansiedlung kämpfen werde. Erstens werde Rewe jährlich 30 Ausbildungsplätze anbieten, zweitens habe die Gemeinde nur bei Rewe die Möglichkeit den LKW-Verkehr aus dem Ort herauszuhalten: bei einer alternativen Ansiedlung von vielen kleinen Unternehmen rauschten deren LKW’S durch den Ort. Und drittens bekomme die Gemeinde planbare Steuereinnahmen, so der FDP-Chef.

Eberhard kritisierte, dass bei den HU-Nachrichten mitunter von einer „Rewe-Versandfabrik“ die Rede sei, sagte: „Das ist nicht angemessen, das ist keine Versandfabrik ganz im Gegenteil.“ Der geringere Teil der Mitarbeiter arbeite im Logistbereich, deswegen könne es keine Versandfabrik sein, so der FDP-Chef. Dazu muss man wissen: Am Autobahnzubringer sollen nicht nur täglich zig LKW an knapp 200 Laderampen andocken, um Waren in die Rewe-Läden im Norden der Republik zu transportieren, sondern auch ein Verwaltungszentrum mit Schulungsräumen errichtet werden.

Schon am Dienstag stimmen die Ortsentscheider übrigens über den Termin für den dann wahrscheinlichen Doppelentscheid mit gleich zwei Fragen und einer zusätzlichen Stichfrage ab.  Der Wahltag soll, so der Vorschlag des Bürgermeisters, der 21. Januar sein. Bis dahin wird es wohl ziemlich hitzig werden in der Gemeinde. Eberhard: „Wir werden alles daransetzen um den ‚Huxit‘ zu verhindern.“

Das Wort ‚Huxit‘ in Anlehnung an den ‚Brexit‘, beschreibt vielleicht ziemlich gut, worum es geht beim Bürgerentscheid. Es ist, nach den Wahl – bzw. Bürgerentscheiden zu Beckershof und den Pinnauwiesen, ein weiterer Versuch der Bürger, auszusteigen aus dem Wachstums-Hamsterrad, in dem sich Henstedt-Ulzburg seit seinem Entstehen im Jahr 1970 befindet. Bürgerbegehren-Initiator Benno Colmorgen hat es im September so ausgedrückt:“ Wo wollen wir hin mit der Gemeinde, wollen wir wirklich immer weiter wachsen, wollen wir immer größer werden?“

1970 lebten in Henstedt-Ulzburg rund 10.000 Einwohner, mittlerweile sind es knapp dreimal so viel, im Nordwesten der Gemeinde ist ein zum damaligen Zeitpunkt kaum für möglich gehaltenes riesiges Industriegebiet entstanden. Geht es nach den Rewe-Befürwortern, soll es mit Einwohnern und Gewerbeflächen weiter aufwärts gehen: immer noch wird mit der Bebauung der Beckershof-Flächen geliebäugelt, beim Gewerbegebiet ist ein Vorrücken bis zur Westerwohlder Straße im Gespräch.

Christian Meeder

12. November 2017