Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Bleibt im Wald die Natur auf der Strecke?

„Wer ist hier für den Naturschutz verantwortlich?“ fragt Wald-Spaziergängerin Karin Wiggert aus Henstedt-Ulzburg. Sie ist irritiert darüber, dass nach dem Waldgesetz Holzeinschlag im Wald ganzjährig erlaubt ist. Wie berichtet, bemüht sich die zuständige Försterei, das Fällen von Bäumen auf das Winterhalbjahr zu begrenzen. Wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Zwänge sei dies aber nicht mehr so ohne weiteres möglich, so dass auch im Sommer Holzeinschläge vorkommen.

Unterdessen droht der Naturschutz im Wald zukünftig weiter an Boden zu verlieren. Fritz Hydemann, Vorstandsmitglied des NABU-Schleswig-Holstein: „Die Landesregierung plant eine Änderung des Landeswaldgesetzes. Sollte der Gesetzentwurf so in Kraft treten, werden ökologische Belange weiter in den Hintergrund gedrängt. So sind im Gesetzentwurf die meisten Vorgaben gestrichen worden, die sich auf den Umweltschutz bezogen haben. Dies betrifft zum Beispiel die Vorgabe, Alt- und Totholz in ausreichendem Maß im Wald zu belassen.“ Tierarten wie Fledermäuse und Spechte seien aber auf ausreichend Alt- und Totholz angewiesen.

Die Landesregierung begründet die Änderung des Waldgesetzes unter anderem mit der Sicherung der Konkurrenzfähigkeit der Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein. Dabei betrachtet sie den Landeswald offenbar als Agrarfläche: „Zukünftig ist auch das Düngen des Waldes erlaubt. Bisher wurde der künstliche Nährstoffeinsatz auf Maßnahmen zur Bekämpfung immissionsbedingter Bodenversauerung beschränkt“, so Hydemann.

Um bei Anträgen auf Waldumwandlungen eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, soll laut Gesetzentwurf eine Genehmigungsfiktion eingeführt werden. Unter einer Genehmigungsfiktion versteht man die stillschweigende Genehmigung eines Antrags, wenn eine Behörde nicht innerhalb einer bestimmten Frist entscheidet. So heißt es denn auch unter § 9 Absatz 4 des Gesetzentwurfs: „Die Genehmigung der Waldumwandlung gilt als erteilt, wenn die nach Absatz 2 zuständige Behörde nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrages entschieden hat.“

Angesichts der Personalsituation bei den zuständigen Forstbehörden ein heikles Unterfangen, warnt Hydemann: „Man muss sich nur vorstellen, von den Forstaufsichtsbeamten sind zwei krank, dann kann es sein, dass da ’ne Menge auf dem Schreibtisch liegen bleibt, und schon tritt die Genehmigungsfiktion in Kraft. Die Landesregierung sollte den verharmlosenden Begriff Wald-Umwandlung durch Wald-Beseitigung ersetzen.“

Christian Meeder