Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Bis zu 300.000 Euro: Erster Gutachter spart richtig Kohle ein

Die Ausläufer der Blumenwiese sind zu erkennen, rechts der Trampelpfad der an den Bahngleisen entlangführt

Prima Premiere im Ratssaal. Erstmals hat ein Gutachter dafür gesorgt, dass nicht weniger, sondern mehr Euros in der Gemeindekasse bleiben. Der Mann, der das vollbracht hat, heißt Arne Drews und arbeitet beim Landesamt für Landwirtschaft und Umwelt als oberster Artenschützer Schleswig-Holsteins.

Wie er das gemacht hat?

Die Gemeinde hatte ihn beauftragt, die örtlichen Biotope und Ausgleichsflächen auf Insektenfreundlichkeit zu untersuchen. Als Drews im Ratssaal seine Einschätzungen vortrug, gab es plötzlich aus der Ausschussrunde auch Fragen, wie man mit dem Jakobskreuzkraut umgehen soll. Die Expertenmeinung dazu: einfach wachsen lassen. Drews, der nicht nur am Behördenschreibtisch sitzt, sondern in Preetz ganz konkret Naturflächen betreut: „Wir haben mit der Bekämpfung aufgehört, weil es nichts bringt.“ Egal was man mache, die Pflanze sei nicht kleinzukriegen, sagte Drews und betonte dann, dass das aber auch gar nicht so dramatisch sei. Denn richtig gefährlich sei die Pflanze gar nicht, der Giftstoff, den auch eine ganze Reihe anderer Pflanzen in sich trügen verflüchtige sich nämlich schnell wieder. Drews: „Bei Lagerung von Honig baue sich der Schadstoff von alleine ab.“

Einer, der bei der Experteneinschätzung zum Jakobskreuzkraut ganz Ohr war, war Bürgermeister Bauer. Er zu Drews: „Vielen Dank, nehme die Ausführungen zum Jakobskreuzkraut zum Anlass den Tagesordnungspunkt neun abzusetzen und das Geld im Haushalt zu belassen.“ Dazu muss man wissen: Beim Tagesordnungspunkt neun sollten die Kommunalpolitiker reichlich Steuereuros für die Bekämpfung der Pflanze in Henstedt-Ulzburg lockermachen – ganz genau 40.000 Euro.

Die bleiben nun in der Gemeindekasse, aber Drews hat nicht nur beim Bürgermeister, sondern auch bei den Kommunalpolitikern ordentlich Eindruck gemacht. Er war schon wieder aus dem Ratssaal verschwunden, da ging es um den Bau eines Fuß- und Radwegs auf einer Fläche am Bahnbogen, die bisher jedes Jahr als Blumenwiese für Bienen, Hummeln und Käfer hergerichtet wird. Rund 250.000 Euro sollte dort nun die Pflasterung von Trampelpfaden kosten. BFB-Vertreter Tile Abel meldete sich zu Wort, erklärte, dass der Ausschuss doch gerade den Insekten-Vortrag von Drews gehört habe, man solle in Anbetracht der Blumenwiese die ganze Maßnahme  noch einmal überdenken.

Daraufhin reagierte Bauamtschef Jörn Mohr zwar leicht säuerlich, sagte etwa, dass der Fuß- und Radweg an der Stelle bereits seit 2016 auf der Agenda stehe und der Trampelpfad ja nicht umsonst entstanden sei und nun nach reiflicher Planung endlich losgebaut werden sollte.

Doch was Mohr vielleicht noch nicht ganz klar war: Die Planungen und vorbereitenden Abstimmungen fanden im Umwelt- und Planungsausschuss statt, aber den gibt es in der Form gar nicht mehr – er ist aufgeteilt worden in einen Bau- und in einen Naturausschuss. Kurt Göttsch deshalb zum verdatterten Mohr: „Wir haben jetzt einen Umweltausschuss, der das nun aus anderer Sicht betrachtet.“

Und diskussionswürdige Bauprojekte von der Warte des Naturschutzes aus zu betrachten, darüber will sich jetzt auch noch einmal die SPD den Kopf zerbrechen. Angelika Kierstein meldete sich zu Wort, die SPD-Frau beantragte, dass der Fahrradwegbau auf der Blumenwiese zurück in die Fraktionen verwiesen wird – um dort noch einmal eingehend beraten zu werden. Die versammelten Ortspolitiker  von CDU, WHU, BFB, Grünen, FDP und ihrer eigenen Fraktion stimmten Kiersteins Antrag  ohne Widerworte zu. Werden die Fußweg-Ideen ganz gekippt, hätte Drews Auftritt rund 300.000 Euro eingespart.

Christian Meeder

10. Februar 2019