Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Bauoffensive vertagt – Wachstums-Brainstorming bis Ende des Jahres!

Erst einmal nachdenken statt losgraben. So lautet das Ergebnis der Wachstumssitzung im Ratssaal. Die Kommunalpolitiker haben Bürgermeister Stefan Bauer angewiesen in Sachen Einwohnerwachstum vorerst den Ball flachzuhalten.

Die Verwaltung hatte gefordert, den Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortzuführen und wollte mit entsprechenden Planungen loslegen. Um weiterzuwachsen wie in der Vergangenheit müssten bis zum Jahr 2030 1.260 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie 520 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern erstellt werden, rechnete Daniel Hofmann vom Gewos-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung am Montag in einem von der Gemeinde angeforderten Wohnungsmarktgutachten vor. CDU-Gemeindevertreter Jens Müller unter Zustimmungsbekundungen der Ausschussmitglieder: „Wir nehmen den Bericht zur Kenntnis, mehr aber noch nicht.“ Im Beschlussvorschlag der Verwaltung hatte es geheißen: „Der Umwelt- und Planungsausschuss nimmt die Präsentation des Wohnungsmarktkonzeptes zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die Ergebnisse in entsprechende Beschlussvorlagen aufzubereiten.“

Verwaltungschef Bauer rechtfertigte sein Eintreten für weiteres Einwohnerwachstum mit landesplanerischen Vorgaben. Henstedt-Ulzburg liege auf einer Siedlungsachse, müsste deswegen neue Baugebiete ausweisen: „Wenn wir uns gegen weiteres Wachstum aussprechen, müsste die Gemeinde ein Zielabweichungsverfahren eröffnen“; meinte der Verwaltungschef.

Kopfschütteln über das Statement des ehemaligen Kriminalbeamten bei Karin Honerlah: „Wenn es keine Bauplanung gibt, müssen wir uns keine Abweichung von einem nicht vorhandenen Plan auch nicht genehmigen lassen“. Die Gemeinde habe die Planungshoheit und sei nicht gezwungen zu wachsen, so die WHU-Fraktionschefin. Wer hat Recht? Gibt es etwa Sanktionen der rotgrünen Landesregierung, wenn Henstedt-Ulzburg der Meinung ist, groß genug zu sein?

Der Landesentwicklungsplan auf den sich der Bürgermeister stützt, ist online für jedermann einsehbar. Die HU-Nachrichten entnehmen dem Papier, dass sich einige Regionen, zu denen auch Henstedt-Ulzburg gehört, mehr entwickeln dürfen als andere – von „ wachsen müssen“, ist jedoch nicht die Rede. Im Gegenteil. Wer das noch mit einem Vorwort des früheren CDU-Innenministers Klaus Schlie versehene Werk liest, findet dort auch Sätze wie diesen: „Wir wollen in Schleswig-Holstein die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur- und Kulturlandschaften in ihrem Erlebnis- und Erholungswert bewahren.“

In ihrer Verwaltungsvorlage hatte die Verwaltung auch die Inanspruchnahme von Beckershofflächen für notwendig gehalten, um weiter „moderat“ wachsen zu können. Am  Montag hörte sich das aus dem Mund von Verwaltungschef Bauer schon anders an. Zunächst kaum hörbar erklärte der Bürgermeister, moderat wachsen könne die Gemeinde auch ohne Beckershof anzupacken. CDU-Vertreter Wilfried Mohr fasste deswegen noch einmal nach, fragte lautstark: „Geht moderates Wachstum auch ohne Beckershof? Die nun für jeden hörbare Antwort des Verwaltungschefs: „Ja“. Zufriedene Mienen daraufhin in den Reihen der Christdemokraten.

Bis Ende des Jahres wollen die Parteien und Wählervereinigen jetzt in sich gehen, und über das Ausmaß einer weiteren Expansion der Gemeinde entscheiden. Wie das Brainstorming ausgeht ist unsicher: Kein Geheimnis ist , dass die CDU für neue Baugebiete in Henstedt-Ulzburg eintritt, aber keine Lust hat sich am Großwohnprojekt Beckershof die Finger zu verbrennen. CDU-Chef Michael Meschede gestern zu einem neuen Ortsteil Beckershof: „Wer meint die CDU wolle Beckershof wieder nach vorne bringen: Dem ist nicht so.“

Bei der SPD hingegen ist unklar, ob sie mitmacht bei der Ausweisung von weiteren großflächigen Baugebieten , zu Beckershof hat sie jedoch eine mutige Meinung: „Wir wollen Geschosswohnungsbau am Bahnhof Ulzburg-Süd, auch wenn wir dafür Prügel beziehen werden“, sagte SPD-Fraktionschef Horst Ostwald. Die Sozialdemokraten halten den Standort für ideal, um sozialen Wohnungsbau zu verwirklichen. Im Kommunalwahlkampf hatte die SPD von ein paar überschaubaren Wohnblocks am Bahnhof gesprochen. Die Frage ist, wie auf diese Weise eine Überwindung der AKN-Gleise finanziert werden kann. Dort müsste ein Tunnel oder eine Brücke gebaut werden.

Ostwald warf der CDU zugleich vor, die Chistdemokraten würden um das Thema Beckershof herumschleichen, Golfspieler Meschede nahms mit Humor: „Ich wusste gar nicht, dass ich um Beckershof herumschleiche, wenn, dann war ich wohl in Richtung Kaden unterwegs.“

Ebenfalls nebelhaft ist, wie sich die BFB zu Bauers Wachstumsidee positioniert. BFB-Chef Iversen sagte am Montag, der Umwelt- und Planungsausschuss sei nicht das richtige Gremium, um solche grundsätzlichen Fragen zu entscheiden. Die BFB ist in der Gemeindevertretung mit acht Stimmen vertreten und damit genauso stark wie die SPD, die WHU hat neun, die CDU 14 und die FDP zwei Mandate.

cm

23. September 2014