Es waren Worte, die klangen wie entnommen aus einem sozialdemokratischen Parteiprogramm, für BFB-Gemeindevertreter Carsten Schäfer klangen sie gar nach Linkspartei.
Mit den Sätzen: „Ich habe die Aufgabe auch für die Schwachen in der Gesellschaft Wohnraum bereitzustellen. Wir haben die Verantwortung sozialen Wohnraum zu schaffen“, warb Bauer gestern im gut besuchten Bürgerhaus für den Bau von dreigeschossigen Flüchtlingsbauten am Pirolweg in Ulzburg-Süd und am Schäferkampsweg auf dem Rhen, konnte damit aber Henstedt-Ulzburgs Parteienvertreter nicht überzeugen.
Montag will Bauer über die Pläne abstimmen lassen, schon jetzt ist klar, das er dafür im Ratssaal erneut keine Mehrheit zusammenbekommen wird. „Wir werden die Pläne ablehnen, bekommen bei 10 Meter Gebäudehöhe Bauchschmerzen. Mehr als zwei Geschosse gehen bei uns gar nicht“, verkündete etwa SPD-Dino Horst Ostwald. Klaus-Peter Eberhard (FDP) stieß in dasselbe Horn: dreigeschossige Häuser seien am Schäferkampsweg nicht vorstellbar, so der Liberale, nach Zwischenrufen von Pirolweg-Anwohnern schob Eberhard hinterher: „Dort auch nicht.“
Ablehnung für die Bauer-Pläne ebenfalls von Kurt Göttsch von der WHU: „Wir werden am Montag nicht zustimmen, unter Stromleitungen zu bauen halte ich für einen Fehler.“ Dazu muss man wissen: Neben der angedachten Baufläche am Pirolweg verläuft eine 220-kV-Stromleitung, die dort auch noch mehr als ein Jahrzehnt stehen bleiben könnte.
Zwar gab es gestern keine eindeutige Aussage zum Abstimmungsverhalten von CDU und BFB, Jens Müller (CDU) erkärte etwa auf Nachfrage: „Gedulden Sie sich bis Montag.“ Bereits im Juli hatte sich Müller aber schon gegen Pläne des Bürgermeisters ausgesprochen, Flüchtlingswohnungen neben den Henstedter Friedhof zu setzen.
Die Blitz-Analyse von Peter Borchert, pensionierter Bauamtsleiter der Stadt Tornesch, fiel nach den Wortbeiträgen aus der Politik denn auch eindeutig aus: Er zu den HU-Nachrichten: „Das Ding ist tot, zweigeschossige Sozialwohnungen sind an den Standorten nicht finanzierbar.“
Bauer scheitert damit wohl auch im zweiten Anlauf, Flüchtlingswohnungen in Ulzburg-Süd und auf dem Rhen zu bauen. Bereits vor den Sommerferien hatten die ehrenamtlichen Ortspolitiker eine vom Verwaltungschef gewollte Grundsatzentscheidung darüber von der Tagesordnung im Umwelt- und Planungsausschuss nehmen lassen.
Folgt man den Worten des Bürgermeisters, müssen nun allerdings umgehend Alternativen auf den Tisch: Von den derzeit 375 in Henstedt-Ulzburg lebenden Flüchtlingen, werde ein Großteil dauerhaft bleiben, schätzte Bauer am Donnerstag. Ende 2019 würden zudem die Mietverträge im Beckersbergring auslaufen. Dort tragen die Bewohner die Hauptlast der Flüchtlingsunterbringung, knapp 40 Prozent der gemeindlichen Asylbewerber sind im Ring einquartiert. Der Eigentümer der Beckersbergring-Reihenhäuser, die Soka-Bau, will die Siedlung nach 2019 fast komplett abreißen, spätestens bis dahin muss Ersatzwohnraum geschaffen werden.
Welche alternativen Ideen gibt es sozialen Günstig-Wohnraum insbesondere für Flüchtlinge zu schaffen?
Gestern geisterten im Bürgerhaus zwei Standorte umher: zum einen das Wagenhuber-Gelände an der Schleswig-Holstein-Straße, zum anderen das sogenannte Beckmann-Gelände an der Gartenstraße gegenüber der AKN in Ulzburg. Der Eigentümer möchte dort insbesondere Gewerbe und Einzelhandel unterbringen, von der Politik wurden am Donnerstag gegenüber den HU-Nachrichten auch Sozialwohnungen an der Stelle gefordert.
Christian Meeder
9. September 2016