Auftragsvergabe ohne Wettbewerb und das völlig legal. Für einen Hortanbau an der Lütten School beauftragt die Gemeinde ohne Ausschreibung die Firma Wiebe aus Niedersachsen. Das haben CDU und SPD auf Empfehlung des Bürgermeisters durchgesetzt. Bauamtschef Jörn Mohr: „Aus Sicht der Verwaltung gibt es keine Alternative. Wenn wir nicht mit Wiebe bauen wollen, dann geht das nicht auf dem Gelände.“ Wiebe hatte die Lütte School 2008 per PPP-Vertrag hochgezogen, ist noch 20 Jahre lang Hausherr auf dem Areal.
WHU, BFB und FDP votierten mit Nein. Hans-Jürgen Sass-Olker (SPD), der als Horst Ostwald-Ersatz die Sitzung leitete, wunderte sich: Vor zwei Jahren sei der Auftrag Konsens gewesen, „ich frage mich, was ist in dieser Zeit passiert?“Doris Dosdahl (BFB) zu Sass-Olker: „Das brauchen Sie sich nicht selbst fragen, das können Sie auch mich fragen.“ Dosdahl wies den SPD-Vertreter auf den kräftig gestiegenen Wiebe-Preis hin. Verlangte das Unternehmen vor zwei Jahren noch 539.000 Euro für den Erweiterungsbau, fordert es nun 880.000 Euro.
39 Prozent Preissteigerung in zwei Jahren – eine saftige Monopolrente für die Baufirma? Wiebe-Mann Karsten Winkel, im Ratssaal dabei, rief den wütenden Ausschussmitgliedern zu: „Sie vermitteln den Eindruck, als ob wir uns bereichern wollten, das weise ich zurück.“ Die Preisangabe von vor zwei Jahren sei mit der heutigen nicht vergleichbar, so der Wiebe-Vertreter.
Bürgermeister Stefan Bauer gab Winkel Rückendeckung, das Angebot der Firma sei nicht überzogen, sondern entspreche ziemlich genau dem, was man ermittle, wenn man den Baukostenindex zugrunde lege, so der Verwaltungschef. Bauer wiederholte Mohrs Worte von der Alternativlosigkeit, wies zudem auf dringend benötigte Hortplätze hin.
Gegenrede dazu von Stephan Holowaty (FDP): Ein Sprung von 500.000 auf 800.000 müsse einfach Fragen aufwerfen, so der Liberale.“ Es geht um das Geld der Steuerzahler.“
Kopfschütteln auch bei Kurt Göttsch (WHU). Ihm war aufgefallen, dass das neue Wiebe-Angebot den Stempel Mai 2014 trägt. „Wie kann es sein, das wir das erst jetzt vorgelegt bekommen?“ Göttsch sprach von einem völlig unhaltbaren Zustand.
Die Verwaltung unter Feuer von WHU, BFB und FDP, gestützt wurde Henstedt-Ulzburgs Regierung am Montag von der Christdemokratie und einer sprachlosen SPD. Während die CDU auf Verwaltungslinie argumentierte – Fraktionschef Dietmar Kahle: „Das Problem ist, es gibt nunmal keine Alternative, wenn wir weiter warten und prüfen, dann wird es nicht billiger“ – beteiligten sich Henstedt-Ulzburgs Genossen überhaupt nicht an der Debatte. Jedenfalls nicht hörbar. Sass-Olker, der für den erkrankten Horst Ostwald die Sitzung leitete, sprang während der laufenden Debatte von seinem Stuhl auf, marschierte zur CDU-Sitzreihe und steckte mit Kahle und Co. die Köpfe zusammen. Die HU-Nachrichten wetten: Nach diesem Auftritt ist der Ostwald-Ersatz zum ersten und zum letzten Mal Sitzungsleiter gewesen.
Für 880.000 Euro bekommt die Firma Wiebe also jetzt den Zuschlag für einen Schulanbau, im vom selben Bauunternehmen erstellten Bestandsgebäude beklagen sich Lehrer und Schüler derweil weiterhin über zu trockene Luft. Bereits vor zwei Jahren waren Nasenbluten und Kopfschmerzen bei den Grundschulkindern Thema im Ratssaal gewesen. Die Verwaltung war am Montag drauf und dran, das Luft-Problem der Passivhaus-Schule mit Grünpflanzen lösen zu wollen. Nachdem die im Publikum sitzende Schulleiterin Petra Pilkahn protestierte und erklärte, in den Klassenräumen gar keinen Platz für entsprechende Pflanzenmengen zu haben, reagierte der Bürgermeister und zog seinen Grünpflanzenantrag zurück.
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5. März 2015