Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Rathaus muss um Gewerbeexpansion bangen – Wachtelkönig da

Ratssaal im Rathaus – hier gab es gestern die Botschaft vom Wachtelkönig

Er ist das Phantom unter den Vögeln, sorgt überall dort, wo er vorkommt für Angst und Schrecken bei Bauplanern – jetzt ist er in Ulzburg-Nord aufgetaucht. Der Wachtelkönig brütet offenbar auf geplanten Erweiterungsflächen im Gewerbegebiet!

Bauamtschef Jörn Mohr informierte gestern Henstedt-Ulzburgs Ortspolitiker im Ratssaal über das Auftauchen des Vogels, sorgte für Sprachlosigkeit bei den Volksvertretern – die Abgeordneten nahmen die ornithologische Wunderbotschaft regungslos zur Kenntnis. Mohr in die Runde des tagenden Ausschusses für Umwelt und Ortsplanung: Es gebe einen „Brutverdacht auf Wachtelkönig“ im Gewerbepark, auf Flächen die noch nicht erschlossen seien, die Landwirte seien angewiesen worden, die Flächen nicht vor dem Herbst zu mähen.

Der Wachtelkönig steht auf der roten Liste, ist vom Aussterben bedroht, Gelege und Lebensraum dürfen nicht zerstört werden. In Hamburg verhinderte der seltene Vogel in den 90’er Jahren ein riesiges Wohnbauvorhaben, in der Großgemeinde könnte er jetzt die Umwandlung von Naturarealen zu Gewerbeflächen blockieren. Der Vogel sei bei faunistischen Voruntersuchungen gehört worden, so der Bauamtsleiter heute am HU-Nachrichten-Telefon, auf Flächen die als Gewerbegebiet ausgewiesen seien, aber noch nicht erschlossen sind. Mohr: „Solange er da ist, können wir das Gebiet nicht erschließen und zur Gewerbefläche machen.“

Der Vogel sei nicht gesehen, sondern nur gehört worden, die faunistische Voruntersuchung gehöre zu den vorgeschriebenen Verfahrenschritten bei der Ausweisung von Gewerbegebieten, so Mohr weiter.

Erst am Montag hatten die HU-Nachrichten über einen Boom bei Gewerbeansiedlungen berichtet, im Rathaus liebäugelt man damit, das Gewerbegebiet in Richtung Süden zu erweitern.

Die Rathaus-Hoffnung ist jetzt, dass Crex crex, wie der Wachtelkönig im Fachjargon heißt, umzieht – auf die andere Seite des Autobahnzubringers. Dort hat die Gemeinde eine Ausgleichsfläche für den ebenfalls bedrohten Kiebitz angelegt.   Mohr: „Wenn ich mit ihm reden könnte, würde ich ihm sagen, dass er sich auch dort niederläßt.“

Es ist tatsächlich nicht von schlechten Eltern, was die Gemeinde den Federtieren jenseits des Zubringers anbietet. Ein mächtiger Wall, der den LKW-Lärm abschirmt, Teiche und Tümpel die für Badespaß sorgen und eine Angus-Rinderherde, die das Gras kurz hält.

Doch hat die 750.000 Euro Investition etwas gebracht? Mohr: Den Kiebitz haben wir leider dort noch nicht gesehen.

Christian Meeder

8. September 2015