Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Blau: Irgendjemand muss mal etwas entscheiden

Leserbrief von Oliver Blau zur örtlichen Verkehrsproblematik

Am Rande einer großen Metropole ist derzeit die Gestaltung eines sog. sub-urbanen Ortes grundsätzlich schwierig. Das, was in HU an Herausforderungen auftritt, gilt nahezu für alle Orte rund um HH. Gleichwohl ist es natürlich schwer, flexibel, agil oder dynamisch an die Planungen und Umsetzungen heranzugehen. Verkehrsprojekte anzunehmen, ist grundsätzlich mit eine gewissen Trägheit der Sache verbunden. Und es ist eine Vermengung von Einzelinteressen, Zuständigkeiten, Budgets usw., weshalb vieles auf der Strecke bleibt. Alleine schon die Bürgersteige oder Fahrradwege rundum zu überplanen, scheint kaum praktisch ausgerichtet möglich, geschweige denn umsetzbar. Und so passiert es, Projekte sehr klein gehalten und partiell betrachtet bleiben. 

Selbst wenn man aber in der Lage wäre, in HU eine zukunftsgerichtete Umsetzung des innerörtlichen Verkehrs auf den Weg zu bringen, bleibt die Schnittstellenkompatibilität an den Grenzen der Gemeinde ungelöst. Nein, eher gar unlösbar. So weit braucht man aber nicht zu schauen, denn es klappt schon innerörtlich nur dermaßen marginal, dass es den Bewohnern und Gästen des Ortes schlichtweg nicht auffällt. Der Ampelwald entlang der Hamburger Straße, die vielen Zumutungen für Radfahrer und Fußgänger, oder die fehlenden Lösungsvorschläge für immer stärker frequentierte Nebenstrecken verdeutlichen dieses nur zu sehr.

Okay, man könnte also durchaus meinen, dass es halt so ist, wie es ist, und weiterhin feingliedrig organisierte Diskussionen um lauter Fragmente der Verkehrssituation im Ort führen. Weiterhin würden Bürger und Gäste des Ortes die „Verbesserungen“ kaum bemerken, aber die Interessengruppen sind sehr gut konditioniert darin, sich für Kleinsterfolge lokal feiern zu lassen. That’s the way?

 Nein. Denn es gibt viele gute Beispiele, die uns einen Fortschritt bringen würden. In Lüneburg gibt es beispielsweise in Neubaugebieten öffentliche Parkplätze, an denen elektrische Autos geladen werden können. Sogar kostenlos, auch wenn das nicht auf ewig so bleiben dürfte. Intelligente Leitsysteme sind längst nicht nur Orten mit reichen Budgets vorbehalten, usw., es gibt so viele gute Beispiele.

Aber es sind nicht nur die umzusetzenden Projekte, es ist gibt auch in der Herleitung schlaue Methoden und Wege: Bevor stumpf fragwürdige Gutachten in Auftrag gegeben werden, ist es woanders schon vorgekommen, dass die Briefträger eines Ortes eine rudimentäre Einschätzung zum Radwegesystem abgegeben haben. Es ist schon komisch, dass die Gemeinde inkl. Politik hier wieder ganzheitlich rangehen will, wogegen Planungen und Umsetzungen wiederum im Klein-Klein ablaufen. 

Es fehlt an Visionen, Mut und Führung. Und so bleibt die Befürchtung, dass auch unter der Führung der neuen Bürgermeisterin kaum Änderungen geschehen werden.

Wir brauchen keinen IGEK, der bedeutungslos und gar scheinheilig verblieben ist. Wir brauchen Menschen, die anders denken. Wir müssen uns trauen, neuen Kräften die Führung zu überlassen, statt kaleidoskopisch im alten, eigenen Saft zu braten. Und wir brauchen eine Bereitschaft, Risiken einzugehen. Nur dann können Dinge bewegt werden, derer Möglichkeiten wir heute einfach nicht erkennen. 

Und es müssen endlich alle eingestehen, dass basisdemokratische Systeme unter Einbeziehung aller möglichen Interessen kein Vorankommen bringen, sondern Blöcke in die Entwicklung setzen. Irgendjemand muss mal etwas entscheiden, und es auch aushalten, wenn er kritisiert wird. Wir brauchen umsetzbare Visionen, die das Leben der Menschen endlich spürbar verbessert. Und vorab für jeden, der beim Lesen dieser Zeilen denkt, dass das hier Geschriebene man ordentlich zielloses und unkonkretes Gerede sei: Nicht anders sind die vielen Errungenschaften, die die Entwicklung der Menschheit vorangebracht haben, im Ursprung initiiert worden. Es braucht Visionen, Mut und Tatkraft.  

H-UN

20. September 2020