Wer die Tagesordnung für die jüngste Sitzung des Henstedt-Ulzburger Hauptausschusses überflog, ahnte nicht, welche Brisanz sich hinter dem Punkt „unternehmensfinanzierte Notfallbetreung für Kinder“ verbirgt. Zur Erläuterung: Beschäftigte der Gemeindeverwaltung sowie die ehrenamtlichen Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, können in einem Notfall ihre Kinder kurzfristig durch das Diakonische Werk Altholstein betreuen lassen.
Keine schlechte Angelegenheit, denkt der arglose Bürger und kann nachvollziehen, warum der Hauptausschuss am 10. Dezember 2013 beschloss, das Angebot wahrzunehmen. So wurde damals die Verwaltung beauftragt, mit dem Diakonischen Werk Altholstein einen entsprechenden Nutzungsvertrag über die Laufzeit von einem Jahr abzuschließen und dem Gremium danach eine Auswertung über die Nutzung und zur Entscheidung über eine Vertragsverlängerung vorzulegen. Prompt kam am vergangenen Dienstag die Ernüchterung, als die nackten Zahlen auf die Tische der Kommunalpolitiker kamen.
Die FDP-Fraktion hat nachgerechnet: „Für 16 Stunden Notfallbetreuung von insgesamt drei Kindern wurden unglaubliche 6002,70 Euro von der Gemeinde überwiesen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Partei. Klaus-Peter Eberhard, Fraktionsvorsitzender der Liberalen in der Gemeindevertretung, sprach denn auch von einer „völlig inakzeptablen Steuerverschwendung“. Der Freidemokrat fragt in seiner Pressemitteilung provokativ: „Was verdient eine Tagesmutter in der Stunde?“ Und Eberhard gibt selber die Antwort: „Wenn sie in der Notfallbetreuung für die Kinder von Gemeindeverwaltungsmitarbeitern im Jahr 2014 hätte arbeiten dürfen, unfassbare 375,17 Euro pro Kind! Selbst die Kinderintensivstation im Krankenhaus ist billiger.“
Ungeachtet dessen lobte die Rechnungsprüferin der Gemeindeverwaltung die Notfallbetreuung in den höchsten Tönen. Vielleicht nicht ganz unvoreingenommen; denn zwei der drei vom Diakonischen Werk betreuten Kinder wurden von ihr selbst geschickt. Klaus-Peter Eberhard: „Genau wegen solcher Programme hat die FDP gegen die letzte Steuererhöhungsorgie gestimmt; denn Henstedt-Ulzburg hat kein Einnahme- sondern ein Ausgabeproblem!“ Die Liberalen wollten das Programm beenden, SPD und CDU setzten allerdings mit ihrer Mehrheit im Hauptausschuss eine Verlängerung des Programms um ein Jahr durch.
Jörg Schlömann
13. März 2015
Jo, Moin, moin, Herr Schlömann,
der „kleine Tiefschlag“ von Herrn Kahle war vielleicht nicht so ganz nötig, aber wissen möchte ich es jetzt doch mal. Nach Ihrem Text hat die „Groko“ mit Ihrer Mehrheit zugestimmt. Ohne nähere Info denke ich als geneigter Leser doch, dass der verbleibende Rest des Gemeinderates abgelehnt hat, jedoch eben keine Mehrheit erreicht hat.
Das aber wäre doch als gekonnte Manipulation des Lesers anzusehen, oder?
Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob der oben erwähnte „kleine Tiefschlag“ nicht nach einer Wiederholung schreit.
Lieber Herr Schlömann,
mir ist schon bewusst, dass Sie Ihre Artikel nicht schreiben, um die Leser zu informieren, sondern um Meinung zu machen. Als früherer Bild-Zeitungsredakteur können Sie das ja auch zugegebermaßen richtig gut!
Trotzdem wäre es nett, wenn Sie für diejenigen, die nicht am Hauptausschuss teilgenommen haben, wenigstens die Fakten richtig wiedergeben würden.
Der Beschluss, die Notfallbetreuung für ein Jahr zu verlängern, wurde mit den Stimmen von CDU, WHU, SPD sowie einmal BFB (wenn ich mich richtig erinnere) gefasst. Dagegen war der Vertreter der FDP sowie einmal BFB ( wenn ich mich richtig erinnere). Ihr Hinweis auf eine CDU/ SPD-Mehrheit ist also wieder einmal völlig überflüssig.
Beste Grüße,
Dietmar Kahle
Sehr geehrter Herr Dr. Kahle,
mea culpa – ich habe tatsächlich unterlassen zu erwähnen, dass drei weitere Ausschussmitglieder für eine Vertragsverlängerung gestimmt habe. Entschuldigung! Mein Fehler ändert aber nichts an den genannten Fakten und Zahlen.
Vielmehr haben drei weitere – von mir unerwähnte Kommunalpolitiker – mit ihrem Votum ein seltsam distanziertes Verhältnis zur finanziellen Situation der Gemeinde offenbart.
Im übrigen, Herr Dr. Kahle: Es ist doch recht billig, Menschen, die nicht ungefiltert Ihre (CDU-) Ansicht vertreten, als Meinungsmacher hinzustellen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jörg Schlömann
Das Modell der Notfallbetreuung wird aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Situation immer stärker von Kommunen aber eben auch von Firmen genutzt. So gibt es im Kreis Stormarn ein solches Angebot, welches von dortigen Firmen in Form einer Stifung ins Leben gerufen wurde. Nutzer dieses Angebotes sind natürlich die Stifter aber auch jede andere dort ansässige Firme oder Kommune kann sich gegen Gebühren beteiligen. Je breiter der Kreis der Nutzer, desto effektiver können die über die Stiftung beauftragten Tagesmütter ausgelastet werden. Da sind – nach nunmehr 2 jährigem WIrken- ganz andere Durschnittsbeträge zu nennen. Inzwischen ist das Angebot auch auf Angehörige erweitert worden, wenn akut Bedarf an Unterstützung besteht. Sicherlich war das Angebot im Kreis Stormarn nicht das erste seiner Art- bei der Gründung wurde auf Erfahrungen aus Ostfriesland zurückgegriffen- aber in der Ausgestaltung und der Grundlage der Stiftung ist hier doch ein Nachahmenswertes Modell entstanden.
http://www.beruf-und-familie-stormarn.de/
Herr oder Frau Ipsen, Sie können die angebotene Dienstleistung in Allris nachlesen und würden dann das Angebot verstehen.. 1. Der Feuerwehrmann, der zum Einsatz gerufen wird, kann die Dienstleistung, die innerhalb von 2 Stunden greifen würde, nicht nutzen. Das Feuer ist dann schon aus. Hätte er z.B. zu einem Atemschutzlehrgang fahren müssen und das Kind erkrankt, wäre eine Teilnahme hierdurch möglich. Jedoch haben wir in der Feuerwehr wohl zu wenig Frauen oder Hausmänner.
Herr Wollweber hat die wirtschaftlichen Aspekte wohl als einziger verstanden. Wie kommt es sonst, dass die Comdirekt. Hanse Merkur und weitere Unternehmen der Hansestadt Hamburg, die Dienstleistung – dort Notfallmama genannt und von einem anderen Träger – ihren Mitarbeitern anbieten. Ansonsten hätte der Arbeitgeber im Rahmen der Lohnfortzahlung entsprechende Kosten.
Dass die FDP sich dieser Dienstleistung versagt und mit einer zwar mathematischen einwandfreien, jedoch in meine Augen windigen Rechnung an die Öffentlichkeit geht, ist für mich nicht neu. Als Opa bin ich froh, wenn meine Enkelkinder im Jahr nicht erkranken. Für die FDP-Rechnung wäre es besser gewesen, wenn 10 Kinder längerfristig krank geworden wären. Dann wäre der Stundensatz vielleicht nur noch 50 €.
Die BfB hat diesen Antrag ebenfalls abgelehnt. Auf der gleichen Sitzung hatte sie den Antrag gestellt, für 300.000 € eine Geschäftsprozessoptimierung in der Verwaltung und im Bauhof durchführen zu lassen. Diesen Antrag hat sie aber wegen einiger Widerstände in der Sitzung zurückgezogen.
Soll Henstedt-Ulzburg sich bei diesen Trends zu einer kinderfeindlichen Gemeinde in Schleswig-Holstein entwickeln?
Das mit den Geschäftsprozessen finde ich aber gut: Die ganzen Bau- und Beschaffungsskandale zuletzt zeigen ja, dass das Rathaus seine „Prozesse“ nicht allzu gut im Griff hat. Besser 1x 300K ausgeben, als immer wieder ähnliche Beträge für Murks.
Herr Utecht, ich habe nicht die gesamte Notfallbetreuung in Frage gestellt.
Sondern lediglich eine Frage gestellt, die Sie nicht beantwortet haben.
Statt dessen zählen Sie Unternehmen auf, die in HH ansässig sind.
Wenn das Modell der Notfallbetreuung als Vorzeige-Modell einer kinderfreundlichen Gemeinde gesehen werden soll, sollte das Ganze aber auch weiter gehen,
bei ortsansässigen Unternehmen – wird daran gearbeitet, die Arbeitgeber davon zu überzeugen, dies Ihren Mitarbeitern anzubieten? – genug und bezahlbare Krippenplätze für alle, etc.
Wenn dies Privileg den Gemeindevertretern vorbehalten bleibt, finanziert von den Bürgern, ist es doch wohl legitim, Fragen zu stellen.
PS: siehe Stefan Kubath – Link http://www.beruf-und-familie-stormarn.de
Dort sind die großen Unternehmen mit ins Boot geholt worden.
Wir haben uns doch auch das CCU in Ahrensburg abgeschaut, dann können wir ja diesbezüglich auch mal etwas nachmachen. 😉
Sehr geehrte Frau Ipsen,
ich möchte sie nur an einer Stelle korrigieren: die Notfallbetreuung ist nicht für die Gemeindevertreter, sondern für die Mitarbeiter der Gemeinde. Wir als Gemeinde wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein, der gerade auch Frauen die Möglichkeit bieten will in Vollzeit arbeiten zu können und Führungspositionen zu bekleiden. Die Notfallbetreuung ist ein kleiner Schritt in diese Richtung – obwohl sie selbstverständlich auch von Vätern in Anspruch genommen werden kann.
Natürlich würden wir uns freuen, wenn wir damit einen Vorbildcharakter für die ortsansässige Wirtschaft hätten.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schäfer
Diese Situation finden Sie in allen Bereichen des täglichen Lebens. Jeder versucht, seine Dienstleistung nicht nur mit der puren Notwendigkeit zu begründen. Diese Notwendigkeit sollte auch noch möglichst hoch bezahlt werden. Und das am besten in Form eines Grund- oder Rahmenvertrags. Und das ist der Diakonie in diesem Falle sehr gut gelungen. Das ist auch richtig so, wenn man weiß, dass die dortigen Mitarbeiter fürstlich bezahlt werden. Und dann, aber eben auch erst dann, ist das gemeindliche Geld eben nicht „zum Fenster hinau geworfen“.
Absurdistan oder einfach nur Selbstbedienung wie in einer Bananenrepublik ? Wo leben wir denn eigentlich ? Das fragt man(n) sich doch bei dieser Endrechnung. Der Treueeid für die Gemeindevertreter besagt doch, das man im Sinne der (steuerzahlenden) Bürger zu denken und zu handeln hat.Wie wollen unsere gewählten Gemeindevertreter dieses begründen und vertreten gegenüber den Wählern ? Es gibt doch ‚Tagesmütter mit Kapazitäten hier im Ort ! Viele davon würden sich freuen hier zusätzlich etwas zu tun und dazu zuverdienen. Das ist billiger und sinnvoller. Vieleicht bezuschussen die Gemeindevertreter ja mal von den Sitzungsgeldern die sie gerne annehmen diesen Vertrag zur MInderung der Kosten am Jahresende. Das wäre doch mal ein Vorshclag zur Kostenreduzierung !!!
Bei Feuerwehrleuten kann man das ja verstehen … aber …
kann mir mal jemand erklären, warum eine Rechnungsprüferin eine Notfallbetreuung für ihre Kinder braucht?
Kann sie ihren Job nicht zu den normalen Dienstzeiten erledigen?
….niedliches Zahlenspiel…..
Gebucht wurde bei einem externen Anbieter die Leistung „Notfallbetreuung im Abruf-Fall“. Der Anbieter hält also „ständig“ diese Leistung vor, das kostet natürlich was… Der eigentliche Stundensatz der Betreuung ist wohl ein erheblich anderer als der im Artikel genannte!
Wie hoch wäre denn vergleichsweise der Stundensatz eines Gemeindemitarbeiters, wenn man die jährlichen Finanzierungs- und Unterhaltungskosten des Rathauses mit einrechnet??