Die AKN verschweigt der Öffentlichkeit möglicherweise den eigentlichen Grund für ihre kompromisslose Haltung im Arbeitskampf mit den GdL-Lokführern. Nach Informationen der Henstedt-Ulzburger Nachrichten versucht die AKN derzeit mit ihrem Tochterunternehmen Nordbahn, der Deutschen Bahn (DB) die Strecken Hamburg-Kiel und Hamburg-Flensburg (Mittelnetz) abspenstig zu machen. Die Nordbahn gehört zu 50 Prozent der AKN. Die andere Hälfte gehört der BeNEX GmbH, hinter der wiederum die Hamburger Hochbahn und der börsennotierte britische Investmentfonds International Public Partnerships stehen. Bei einem Einlenken im Tarifstreit könnte die AKN-Tochter Nordbahn die Möglichkeit einbüßen, allein mit günstigeren Lohnkosten die Ausschreibung für sich zu entscheiden.
Dazu muß man wissen: Knackpunkt der Tarifauseinandersetzung zwischen der Lokführer-Gewerkschaft GdL und der AKN ist der sogenannte Betreiberwechsel-Tarifvertrag. Der beeinhaltet eine Übernahmeklausel, so dass bei Neuausschreibungen von Strecken die bisher auf diesen Linien tätigen Lokführer das Recht hätten, zum neuen Betreiber der Linien mitsamt ihren bisherigen Konditionen zu wechseln.
Die AKN argumentiert bislang, sie könne nicht mit der GdL vereinbaren, dass ein anderes Eisenbahnunternehmen, das nach einer Ausschreibung Strecken von der AKN übernimmt, auch das dort bisher beschäftigte Personal übernehmen muss. Die AKN hätte keine Möglichkeit, das neue Eisenbahnunternehmen zur Übernahme der „dann bisherigen“ AKN-Mitarbeiter zu zwingen, so die AKN in einem Statement auf ihrer Homepage.
Nach Angaben von Harald Ketelhöhn, stellvertretender Bezirksvorsitzender der GdL-Nord, ist die AKN-Argumentation eine reine Schutzbehauptung. So funktioniere ein Übernahmegebot von Lokführern nur dann, wenn beide Unternehmen dem Betreiberwechsel-Tarifvertrag unterliegen. Vielmehr müsse man der AKN unterstellen, dass sie nicht darauf verzichten wolle, mit billigeren Löhnen anderen Bahnunternehmen deren angestammte Bahnstrecken abzunehmen, so der Gewerkschaftsfunktionär.
Die AKN weist gegenüber den Henstedt-Ulzburger Nachrichten die GdL-Vorwürfe zurück: Zwar räumt AKN-Sprecherin Monika Busch ein, dass die AKN-Tochter Nordbahn sich an der Ausschreibung um das Mittelnetz beteilige, bei der Haltung der AKN im aktuellen Arbeitskampf spiele das aber keine Rolle. „Das Tochterunternehmen agiert eigenständig und hat auch einen eigenen Tarifvertrag“, so die AKN-Mitarbeiterin.
Für die GdL sind aber gerade die verschiedenen eigenen Tarifverträge der Bahnunternehmen das zentrale Problem: „Wir kämpfen darum,daß der Wettbewerb auf der Schiene nicht über Lohndrückerei geführt werden kann.“ Deshalb sei das Ziel der GdL ja, dass alle Bahnunternehmen demselben Branchentarifvertrag inklusive Übernahmeklausel unterliegen, so der GdL-Gewerkschafter Ketelhöhn.
Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten hätten gern auch mit dem AKN-Chef über den Arbeitskampf und die Lage im Unternehmen gesprochen. Doch der hat sich in die Sommerferien verabschiedet: „AKN-Chef Franke muß sich um seinen Hof kümmern und hat deshalb zwei Wochen Urlaub genommen“, rechtfertigt AKN-Sprecherin Monika Busch die Abwesenheit des AKN-Vorstands trotz des so noch nie dagewesenen Ausnahmezustands mit mittlerweile 18 Tagen Dauerstreik.
Nicht ganz so enstspannt wie offenbar der AKN-Chef gehen die Fahrgäste mit der aktuellen Situation bei der AKN um. Die stehen sich nämlich mitunter bis zu einer Stunde auf dem recht ungemütlichen AKN-Umsteigebahnhof Eidelstedt die Beine in den Bauch, berichtet Henstedt-Ulzburger Nachrichten Leser Niels Warnecke. Wenn sich nicht bald etwas ändert, will Pendler Warnecke sein HVV-Abo kündigen.
Christian Meeder
9. August 2011
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass hinter der kompromisslosen Haltung der AKN die BeNEX steckt. Die Hamburger Hochbahn bzw. ihre sogenannte Expansionstochter BeNEX hat schon seit Jahren ein Auge auf die AKN geworfen und würde sie lieber heute als morgen schlucken.
Auch bei der metronom Eisenbahngesellschaft aus Uelzen, wo ebenfalls ein erbitterter Arbeitskampf geführt wird, ziehen der gewiefte Hochbahn-Boss Günter Elste (SPD) und BeNEX-Geschäftsführer Wolfgang Dirksen im Hintergrund die Fäden. In einer Auseinandersetzung um angemessene Lokführergehälter hat BeNEX sogar dafür gesorgt, dass die beiden metronom-Gründungsgeschäftsführer im April 2010 nach fast acht Jahren sehr erfolgreicher Arbeit gefeuert wurden.
BeNEX hat in 2010 keine besonders guten Zahlen geschrieben. Das BeNEX-Geschäftsmodell basiert auf Billiglöhnen. In Brandenburg wurden Mitarbeiter der Tochtergesellschaft Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) über die Hochbahn-Reinigungsfirma TEREG angestellt, um Eisenbahner nach Putzfrauentarif bezahlen zu können.
Gilt denn der Abschluss überhaupt für die Nordbahn? Die gibt es schließlich schon länger, sie fährt die Strecke Oldesloe – Segeberg. Dort ist aber von Streik nichts zu spüren. Oder stellt die AKN mit ihrem dezimierten Personalbestand dorthin noch Lokführer ab?
Aus dem Buschfunk hörte ich letztens eine andere Variante: Die Strecke Neumünster – Büsum wird derzeit von der 100-Prozent-AKN-Tochter SHB gefahren. Ab Dezember geht der Auftrag definitiv an die Nordbahn, die die Neuausschreibung der Strecke durch das Land gewann. Die AKN/SHB direkt trat gar zur Ausschreibung nicht an. Jedenfalls müssen die Lokführer dann von der SHB (100 % AKN) zur Nordbahn (50 % AKN). Da würde ein angestrebter Bestandsschutz bei Betreiberwechsel viel mehr Sinn machen.