Rund 60 Asylbewerber aus Henstedt-Ulzburg besuchten am Wochenende das Freilichtmuseum Molfsee. Begleitet wurden sie von sechs Ehrenamtlichen und Pastor Mathias Krüger aus der evangelischen Kirchengemeinde. Gemeinsam erlebten sie Wissenswertes und Ungewöhnliches.
Wie übersetzt man „Plumpsklo“ auf Farsi? Die jungen Männer aus dem Iran und Afghanistan schauen verdutzt zu Sandra Johannsen. Die Museumsbegleiterin hat eine Gruppe von Flüchtlingen zu einer Kate geführt und berichtet von den hygienischen Verhältnissen in Schleswig-Holstein vor mehr als 100 Jahren. Sie deutet auf das Häuschen mit dem ausgesägten Herzen in der Tür, versucht es mit „Toilette, Balken und Eimer“. Die Miene der Übersetzer hellt sich auf: In Farsi wenden sie sich an die Gruppe, und schließlich lachen alle.
Für die Iraner, Afghanen, Syrer und Eritreer ist vieles neu im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel. Am Morgen sind sie mit einem von der Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg gecharterten Bus und sieben deutschen Begleitern hierher gefahren: Männer, Frauen und bestimmt zehn Kinder, eines davon noch im Kinderwagen. Pastor Mathias Krüger hatte die Idee für diesen Tagesausflug: „Damit die Asylsuchenden mal etwas Schönes von Deutschland sehen anstelle langer Behördenflure und ihrer Unterkunft“, erklärt er. Pastor Krüger selbst ist Fan des Freilichtmuseums mit seinen mehr als 60 historischen Gebäuden, Hochanlagen und Mühlen, die aus ganz Schleswig-Holstein stammen. Schon oft war er mit seiner Familie hier, nun freut er sich, dass auch die Flüchtlinge aus Henstedt-Ulzburg einmal ins Landleben von anno dazumal eintauchen können.
Die staunen nicht schlecht, wie sie in einem sogenannten Niederdeutschen Fachhallenhaus stehen und Museumsbegleiterin Johannsen erklärt, dass hier einmal Menschen mit Pferden und Kühen unter einem Dach gelebt haben. Und dass es in einer Räucherkate keinen Kamin gab und der Qualm früher durchs ganze Gebäude gezogen ist. „Wo ich herkomme, aus dem Süden Afghanistans, leben die Menschen heute noch so einfach wie hier“, zieht der Johannes den Vergleich. Johannes nennt sich der junge Mann seit seiner Taufe zum Christentum hier in Deutschland. Auch Farhad fühlt sich an seine Heimat im Iran erinnert, ganz besonders als er vom Backhaus erfährt. „Bei uns backen manche Leute ihr Brot in einem Loch in der Erde, in dem sie dann ein Holzfeuer machen“, erzählt der Familienvater, der jetzt in Henstedt-Ulzburg lebt.
Die meisten Flüchtlinge kennen sich aus dem Deutschkurs an der Kreuzkirche, den die Kirchengemeinde regelmäßig am Mittwochnachmittag anbietet. Auch Freunde und Verwandte sind nach Molfsee mitgekommen. „Das ist eine gute Gelegenheit, sie einmal anders kennenzulernen und einen Tag zusammen zu verbringen“, findet Pastor Krüger. Seine Kirchengemeinde übernimmt auch die Kosten des Tagesausfluges. Und die zahlen sich aus. Immer wieder bleiben die Flüchtlinge begeistert stehen und machen jede Menge Erinnerungsfotos.
Jörg Schlömann
3. Juli 2015
Was für eine tolle Idee! Über Geschichte die neue Umgebung verstehen, ein ganz intelligenter Baustein für die Integration. Meine allerhöchste Anerkennung für die Idee und die Durchführung, ein Sonderlob an diejenigen, die das begleitet haben!