Autor Andreas Sommers, bekannt als „Brotbäcker aus Leidenschaft“ und Ernährungsberater der gesunden Küche, hat erneut ein Buch geschrieben. Und zwar ein Kochbuch der besonderen Art. Mit einem ehrlichen Blick hinter die Kulissen einer Schulküche, wo er mit zehn bis zwölf Kindern und Jugendlichen zwei- bis dreimal pro Woche am Nachmittag eigene Rezepte in leckere Mahlzeiten umwandelt. Dass sich diese Aufgabe zum Teil ganz anders darstellte als geplant, regte Sommers zum Führen eines Tagebuchs an, das letztlich die Grundlage zu diesem Buch war, das jetzt als E-Book erschienen ist.
„Zum besseren Verständnis sei gesagt, dass ich in meiner Kursleitertätigkeit bei der OGS (Offenen Ganztagsschule) so gut wie gar keine Erfahrung im Umgang mit Kindern hatte. Meine Erlebnisse bei dieser Arbeit sind also sehr persönlich. So hatte ich mir eigentlich ein anekdotenreiches Erfahrungsbuch vorgestellt, gut gewürzt mit Rezepten der Gerichte, die ich dann mit den Kindern gekocht habe, mal lustig, mal skurril, aber immer unterhaltsam.“ Aber es kam ganz anders. Deshalb begann er seine Erlebnisse aufzuschreiben und daraus seine Schlüsse zu ziehen, was schließlich zu diesem Buch führte. Dass das Ergebnis nicht nur wohlwollend und positiv sein konnte, liegt daran, dass hier jemand mit Herzblut schreibt, wie es wirklich ist. Zur Beruhigung aller betroffenen Eltern sei jedoch gesagt, dass Andreas Sommers „seine“ Kinder inzwischen „ganz gut im Griff hat“. Und es gibt ja auch keine Zensuren für die Koch-AG …
Aber noch ein Wort an die Eltern: „Immer wieder höre ich: Oh ja, das ist so wichtig, was Sie da machen – bei den Kindern muss man ja anfangen! Da muss der Experte leider widersprechen: „Die Kinder leben nach, was die Erwachsenen ihnen vorleben, und da suchen sie sich das ihnen genehmste Konzept heraus. Deshalb soll man bei den Erwachsenen anfangen, an den Ernährungsschrauben zu drehen. Die Verantwortung für die tägliche Ernährung an die nächste Generation durchzureichen, funktioniert nämlich nicht.“
In 28 Kapiteln (zu jedem Kapitel gehört ein eigenes Rezept) auf 158 Seiten fasst Andreas Sommers seine Zeit mit den Schülern in der Küche zusammen und stellt dabei immer wieder fest: „Es ist alles ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe.“ Da spielen kleine Machtkämpfe eine große Rolle, da herrscht die „Königin“ mit ihren Ergebenen, die tun, was sie sagt – ebenso wie die Jungs, die ihrem Boss gehorchen. Die ewige Rennerei zur Toilette und der unglaubliche Lärm, der nicht nur durch die lauten Stimmen, sondern auch durch die Küchengeräte erzeugt wird – das alles wird unterschätzt und hat wenig mit einem geplanten Kochunterricht zu tun, ist aber unvermeidbar. Da heißt es trotz allem Ruhe bewahren und zwischendurch mal ein Machtwort sprechen. Beim Thema Toilette scheint Sommers allerdings ratlos. Nicht nur, dass das WC manchmal sogar als Abfalleimer missbraucht wird und das Drumherum keiner Reinigungskraft zuzumuten ist (wenn z.B. eine ganze Rolle Papier im Abfluss steckt). Das grenzte dann schon an Wandalismus. Dagegen sollte ein Schlüssel helfen, der beim Hausmeister abgeholt werden sollte. Das war jedoch so umständlich, dass die Kinder einfach nichts mehr tranken. Und das wiederum war auch alles andere als wünschenswert. Inzwischen funktioniert es besser. Immerhin ist Andreas Sommers nicht nur wegen seiner Größe eine Respektsperson, die sich durchzusetzen weiß.
Und wenn Sommers die Schüler mal mit etwas Neuem überraschen will, kann er sicher sein, dass es sofort heißt: „Ii, wie sieht das denn aus! Das kann man doch nicht essen! Das würde ich nie runterkriegen!“ Daraufhin entschied er, eine Zeitlang nur noch die Lieblingsgerichte der Schüler mit ihnen zuzubereiten, die da heißen Hot Dog, Hamburger, Döner, Gyros, Nudelgerichte mit echter Tomatensauce und Schokopudding. Aber gesund zubereitet. Keine Fertigprodukte und Konserven. Das Lob der jungen Köche ließ nicht lange auf sich warten: „Hm, dieser Hot Dog schmeckt ja viel besser als der gekaufte!“ Überlistet!
Von Schulspeisung und Catering-Firmen soll hier nur ganz kurzt die Rede sein. Darauf geht der Autor ausführlich in einem gesonderten Kapitel seines Buches ein. Nur ein Beispiel: „Mit Gütesiegel des jeweiligen Lieferanten der Schulküche kann man doch gar nichts falsch machen“, heißt es dann. Auch wenn die Kinder das Essen annehmen, landet das Meiste ja doch im Müll. Schließlich ist der Preis günstig.“ Andreas Sommers stehen für jedes Kind pro Halbjahr 30 Euro zur Verfügung. Davon kann man zwar keine großen Sprünge machen, aber dennoch gut und gesund einkaufen. Schließlich kann er als Ernährungsberater nicht über seinen Schatten springen. Obwohl: „Der Ernährungsberater wird nie mit dem Koch auf einen Nenner kommen!.“
Dennoch oder vielleicht gerade deshalb ist ihm das Kochen mit Kindern eine Herzensangelegenheit. Schließlich ist er seit sechs Jahren dabei, im Herbst beginnt das 14. Semester. Er hat auch schon mit ganz Kleinen gekocht. Sie waren vier und fünf Jahre alt und unglaublich eifrig dabei, was ihn total überraschte. „Auf jeden Fall war das sehr süß“, erinnert er sich schmunzelnd.
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Gabriele David
10. September 2016
Hallo Andreas. Aus eigener Erfahrung kann ich: „Die Kinder leben nach, was die Erwachsenen ihnen vorleben…“ leider nicht bestätigen. Meine Frau und ich kochen gerne mit Gemüse, gerne Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Möhren, Pilzen…, aber glaube mal ja nicht, dass das die Kinder essen. Ne, das schmeckt nicht, das ist iiiii usw. usw. Meine Frau verzweifelt schon manchmal und weiß nicht was sie kochen soll.
Ich will damit sagen, dass wir unseren Kindern sehr wohl gesundes Essen vorleben, aber sie knüpfen nicht daran an. 🙁
Mein Sohn ist 20, meine Tochter 7. Mit der Tochter haben wir das Thema auch manchmal. Beim Sohn in dem Alter auch. Beim Backpacken aktuell in mitunter teuren angelsächsischen Ländern futtert er nur noch Nudeln und anderes Junkfood, damit das Budget wieder stimmt. Ich vernehme Lust auf Schwarzbrot und Gemüse 🙂
So sind wir bei der Tochter ganz entspannt: Das gibt sich anscheinend mit Zeit. Aber wenn den Kids das Kochen und ein bisschen Lebensmittelkunde mitgegeben wird, stehen sie in dem Alter, wo das Junkfood Bedeutung verliert, nicht vor der Hürde, erstmal die totalen Basics lernen zu müssen. Deswegen finde ich Engagements wie hier durch Hr. Sommer dennoch ganz toll. Auch wenn manchmal der Effekt sehr verzögert eintritt.