Mal wieder mehr Demokratie wagen in der Großgemeinde. Wenn alles klappt mit dem Unterschriftensammeln, dürfen die Henstedt-Ulzburger im Herbst darüber abstimmen, in welche Organisationsform die gemeindlichen Kindergärten gesteckt werden.
Die HU-Nachrichten haben es bereits geschrieben – das große Glück der Initiatorinnen ist die Bundestagswahl im September, die vom Bürgermeister als Termin für den möglichen Bürgerentscheid genannt wird. Der Huckepack-Effekt, also eine zeitgleiche Abstimmung mit einer regulären Wahl, würde automatisch für volle Wahlkabinen sorgen. Für einen Erfolg des Bürgerbegehrens müssen nämlich nicht nur eine Mehrheit, sondern auch mindestens 16 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen – das sind rund 3600 Stimmen.
Eigenbetrieb oder AöR-Anstalt – nach Ansicht der HU-Nachrichten ist das Thema so sperrig, dass der Huckepack-Effekt auch dringend benötigt wird.
Beim erfolgreichen Pinnauwiesen-Bürgerentscheid, der ganz ohne „Huckepack“ auskam, war die Sachlage hingegen eindeutig – vor anderthalb Jahren konnte jedem Interessierten sofort der Inhalt der Auseinandersetzung klargemacht werden, jeder wusste , um was es ging: Sollen die Pinnauwiesen großflächig bebaut werden dürfen, oder nur zu einem kleinen Teil?
Die HU-Nachrichten sind sicher: es gibt noch ein weiteres Thema, das die Bürger aus eigenem Antrieb an die Wahlurnen bewegen würde. Das geplante riesige Rewe-Logistikzentrum im Gewerbegebiet. Interessant dabei: Die Rathausentscheider könnten, wenn sie denn wollten, einen Bürgerentscheid auch von sich aus beschließen – ganz ohne vorheriges Unterschriftensammeln. Der Bürgermeister würde allerdings nicht zu denjenigen gehören, die einen Volksentscheid anstoßen würden. „Wenn Bürgerbegehren zu Dauermaßnahmen werden, führt das zu einer Konterkarierung der repräsentativen Demokratie“, lautet sein staatsmännisches Statement zu der Frage, ob er einen Rewe-Bürgerentscheid befürworten würde.
cm
- Februar 2017
Die Sache erscheint mir klar: Mit der AöR-Diskussion wurde auf Polemik gesetzt, und zwar von einer Seite aus. Das wurde genutzt, um GV / Parteien / Fraktionen lautstark fehlende Kooperation vorzuwerfen. Dazu wurden einfachste Muster bemüht, wie z. B. die Mobilisierung von Interessengruppen, und darüber auch der Öffentlichkeit. Das war schon plump, hat aber zu einer Aufregung geführt, die letztlich sogar erfolgreich sein kann. Im gleichen Zeitraum hat der Verwaltungschef in der Norderstedter Zeitung zum Rundumschlag angesetzt, in dem nebulös angedeutet wurde, dass nicht alle Parteien so übel mit der Verwaltung umgehen würden. Eine Partei schließt sich der Haltung der Mehrheit der Parteien in der AöR-Sache nicht an. Es wird wohl zum Bürgerentscheid kommen, verbunden mit der Hoffnung, dem Kreis der ungeliebten GV / Fraktionen / Parteien mit dem festgestellten Willen der Bürger die Grenzen aufzuzeigen.
Bei der REWE-Ansiedlung kommt die erste Initiative aus einer anderen Richtung …
Man kann und darf nicht zu viel Basisdemokratie auf den Weg bringen. Die Feststellung, dass über Bürgerentscheide auch demokratisch entschieden wird, ist höchst unzuverlässig. Verbunden mit der, wie ich finde, unangemessenen Polemik bei der Themenbesetzung, geht das seinen falschen Weg. Das die Pro-AöR Parteien in einem offenen Brief die Vorsitzende des Kinderschutzbundes angegangen haben, hätte man besser auch verhindert. Es mag inhaltlich richtig sein, aber es braust öffentlich einfach zu viel auf. In der Sache hart zu bleiben, braucht nicht immer offene Kämpfe. Diese haben nämlich Opfer auf allen Seiten – immer!
Ja, vieles hat sich bei dem Thema unschön entwickelt. Das die Verwaltung so engagiert gegen einen Mehrheitsbeschluß des GV opponiert, finde ich schon eigenartig. Hier die Entscheidungsträger, dort die Exkutive, die sich anscheinend einen genehmeren Souverän suchen will… soweit es die Erzieherinnen allein betrifft: OK, wenn sie glauben, sich in ihrer Eigenschaft als betroffene Angestellte gegen die AöR wehren zu müssen, ist es ja ihr gutes Recht, und sei es durch Aufruf zu einer Volksabstimmung. Aber sollte der Bgm. sich offen auf eine Seite schlagen, statt einfach umzusetzen, was später dabei herauskommt? Ja, wenn die Legislative ihm was vorsetzt, was von ihm Rechtsbruch verlangen würde, sonst doch wohl nicht. Und das ist nicht der Fall.
Und der Kinderschutzbund sammelt Spenden mit der Zwecknennung: Kampf gegen Kinderarmut und Gewalt gegen Kinder (http://www.dksb.de/CONTENT/SHOWPAGE.ASPX?CONTENT=456&TPL=1).
Von einer Rolle als Erziehergewerkschaft ist nicht die Rede. Was also der DKSB in der ganzen Angelegenheit zu suchen hat, ist mir immer noch schleierhaft. Aber ein Mißverständnis ist es nicht: http://www.dksb-hu.de/?Buergerbegehren_ProEigenbetrieb (Stand 2017-02-19). Die sind selbst schuld, wenn es aus dem Wald zurückschallt, wie sie reingerufen haben.
Der Fall Rewe wäre m.E. ein perfekter Anwendungsfall, wo die GV selbst den Wähler zum Entscheid auffordern sollte. Die Tragweite kann enorm werden, das kann die Art, wie wir hier leben, komplett auf den Kopf stellen.
„perfekter Anwendungsfall, wo die GV selbst den Wähler zum Entscheid auffordern sollte“ …. Der Bürgermeister und die GV haben ja mehr oder weniger schon beschlossen, dass REWE kommen soll…. ohne auch nur im Ansatz Details zu der wirtschaftlichen Auswirkung zu kennen (Gutachten kommt nach Gefälligkeit der Auswahl durch den Bürgermeister) oder vollständiges Verkehrsgutachten (nur ein kurzes Stück der HH Str. beurteilt….. den Rest fliegen die LKW??)
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Wenn korrekte Gutachten REWE positiv beurteilen, dann bin ich ja auch dafür – Minus LKW Fahrten auf der HH-Str. Die sollte REWE auch über die A7 lenken.
Voraussetzung ist, dass wirklich die Verwaltung kommt und nicht nur dann doch nur Logistik….
Das Problem ist, das rewe auch nur Speditionen einsetzt und erst recht die Lieferanten nur Spedition einsetzen. Diesen kann rewe nicht vorschreiben wie sie zu fahren haben
Pro Bürgerentscheid Kita-Eigenbetrieb und kontra Bürgerentscheid Rewe-Ansiedlung eingestellt zu sein, wirft naturgemäß grundsätzliche rechtliche und vor allen Dingen politische Verständnisfragen auf. Sachlich ist die materielle Seite beider Projekte sicher nicht vergleichbar. Politisch ist hingegen eine Deckungsgleichheit beider Themen gegeben. Von einer (möglichen) „Konterkarierung der repräsentativen Demokratie“ zu sprechen, gilt nach meinem Verständnis für beide Fragen oder im Umkehrschluss auch nicht und nicht nach einem subjektiven Grundsatz was mir gefällt oder von Nutzen ist.
Nach der rechtlichen Zulässigkeit des Bürgerentscheides über die „Bauleitplanung Pinnauwiesen“ dürfte die Frage der rechtlichen Zulässigkeit auch für die „Bauleitplanung Rewe-Ansiedlung“ geklärt sein.
Die rechtliche Zulässigkeit eines Bürgerentscheides für einen Kita-Eigenbetrieb ist noch gemäß Gemeindeordnung zu klären; denn es könnte sich möglicherweise nur um eine Änderung der inneren Organisation (GO) der Verwaltung handeln, für die kein Bürgerentscheid zulässig ist. Evtl. wäre die Fragestellung in dieser Hinsicht umzustellen……..
Gestern war eine Postkarte im Briefkasten, auf der Rewe für ihren Infoevent wirbt. Mit einer Abbildung des geplanten Versandmonstrums. Scheint so gross zu werden wie ein Flughafenterminal, einzelne LKW erscheinen darauf so winzig, das man 2x hinschauen muss.
Selbst wenn man als GV dennoch dafür ist: Ist diese Entscheidung noch normale Repräsentation im Rahmen dessen, was man sich so als „Tagesgeschäft“ einer 28T-Ew.-„Gemeinde“ vorstellen muss? Ist das immense LKW-Risiko das, was man der GV bei der letzten Wahl zur Entscheidung in die Hände geben wollte? Für eine Großstadt sicherlich normal, aber hätte man vor der letzten Kommunalwahl gewusst, worum es nun für HU geht, hätte so mancher stau-, steuererhöhungs- und straßenbaugeplagte Bürger wohl genauer abgewogen, welches Kreuzchen für bestimmte Parteien potentiell mit welcher Entscheidung einhergehen dürfte.
Angesichts dessen würde es gerade dann, wenn man die repräsentative Demokratie hochhalten möchte, ein Gebot des Respekts vor dem Wähler sein, eine so tragweite Entscheidung zwar mit klaren Pro/Contra-Statements der Parteien vorzubereiten, das finale Votum aber aus freien Stücken dem Souverän vorzulegen. Versinkt Henstedt-Ulzburg dann später in Rewe-LKW-Kolonnen und regelmäßigen Strassenbau-Umleitungen, so kann sich dann keiner beschweren, „die Politik“ hätte uns das ganz allein eingebrockt.