Gerichtsgang – Rewe-Schnitzer holt Bürgermeister Bauer ein

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Fährt für Netto Waren in die Filialen – Meyer Logistik

Paukenschlag für die Ortsentscheider um Bürgermeister Stefan Bauer. Weil die Verwaltung bei der Bekanntmachung der Rewe-Bebauungsplanunterlagen im vergangenen Jahr Vorschriften nicht eingehalten hat, könnte nun ein Gericht befinden, dass das Verfahren neu aufgerollt werden muss. Wenn das passiert, ist ein Bürgerentscheid über die Ansiedlung wieder möglich.

Birgit Voß-Güntge, Vorsitzende Richterin des 3. Senats am Oberverwaltungsgericht Schleswig vergangene Woche zu den Henstedt-Ulzburger-Nachrichten: „Am 6. Mai ist ein Normenkontrollantrag zum Bebauungsplan 146 hier bei Gericht eingegangen. Der Antragsgegner hat jetzt sechs Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen.“

Der Antragsgegner ist die Gemeinde, der Antragssteller ist ein Bürger aus Kisdorf. Er moniert, dass im amtlichen Bekanntmachungstext zum Rewe-Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans externe Ausgleichsmaßnahmen nicht genannt worden sind. Die HU-Nachrichten hatten vor einem Jahr bereits über den Rathauspatzer berichtet, zuvor hatte Benno Colmorgen, der Initiator des verhinderten Bürgerbegehrens, die Gemeinde auf den Fehler hingewiesen und eine Neuauslegung des Bebauungsplans gefordert. Die Verwaltung hatte das abgelehnt. Konkret geht es um Ausgleichsflächen in Henstedt für das Rewe-Logistikzentrum, die in der Bekanntmachung nicht erwähnt worden sind.

Die Verwaltung weiß also über ihren eigenen Patzer seit einem Jahr Bescheid und sie weiß im Grundsatz auch, welche Folgen der Fauxpas haben kann. Ein ähnlicher Fehler ist der Verwaltung nämlich beim City-Center-Bebauungsplan passiert. Dort hatte sie umweltbezogene Informationen ebenfalls nicht ausreichend in ihrer Auslegungsbekanntmachung genannt. Und deswegen vorsorglich die Auslegung wiederholt – um keinen Angriffspunkt für ein Normenkontrollverfahren zu bieten. Die Begründung damals aus dem Rathaus: „Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens wird das gesamte Verfahren eines Bebauungsplanes überprüft. In der Folge wird das Oberverwaltungsgericht feststellen, dass die notwendigen umweltbezogenen Unterlagen nicht in den Bekanntmachungen des Bebauungsplanes Nr. 63 „Ulzburg-Mitte“ 2. Änderung erwähnt worden sind, so dass dieser Verfahrensschritt wiederholt werden muss, um die Satzung rechtsfehlerfrei zu bewirken.“

Warum Sie damals so gehandelt hat und diesmal anders? Die offizielle Sprachregelung im Rathaus ist, dass bei Rewe keine Fehler passiert seien, tatsächlich war und ist die Angst wohl groß, dass eine Neuauslegung auch ein neues Bürgerbegehren zur Folge hätte. Nach dem Motto ‚wo kein Kläger, da kein Richter‘, hätte diese Nichtstun-Strategie auch Erfolg haben können. Lange Zeit sah es ja auch tatsächlich so aus. Die Frist, um Einspruch einzulegen, wäre am 16. Mai abgelaufen. Nun aber könnte die Verwaltung mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden. Zur Erinnerung: Bauer und Co. hatten eine Abstimmung über eine Ansiedlung des Rewe-Logistikzentrums juristisch verhindert.

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem sich die Gemeinde zum Normenkontrollantrag geäußert hat, kann sich auch noch einmal der Antragsteller zu Wort melden und umgekehrt. Richterin Birgit Voß-Güntge: „Wechselseitige Stellungsnahmen sind jetzt erst einmal zu erwarten.“

Es kann also noch etwas Zeit ins Land gehen, bis klar ist, ob die Geschichte der Ansiedlung der dann zweiten Warenversandfabrik in der Großgemeinde schon auserzählt ist oder nicht. Die Folgen der Ansiedlung der ersten Warendrehscheibe, dem Netto-Logistikzentrum, sind unterdessen im Straßenbild sichtbar. Schwere Zugmaschinen tauchen in regelmäßigen Abständen auf der Hamburger Straße auf. Das Lager, das seinen Betrieb im vergangenen Herbst aufgenommen hat, wird täglich von zahlreichen  Speditionsunternehmen angefahren, die dort Waren anlanden – oder von dort zu den Filialen der Kette in ganz Norddeutschland transportieren. Auf dem Bild oben zu sehen ist ein LKW der Firma Meyer Logistik, die täglich die Filialen des Discounters mit Waren aus dem Zentrallager im Gewerbegebiet beliefert. 13 Fahrer in 12 Schichten fahren nach Angaben der Firma für Netto. Das Unternehmen rechnet mit weiteren Fuhraufträgen, wenn sich Rewe neben Netto niederlassen sollte.

Christian Meeder

31. Mai 2019

17 thoughts on "Gerichtsgang – Rewe-Schnitzer holt Bürgermeister Bauer ein"

  1. Hier im Ort mehr qualifizierte Arbeitsplätze (um Pendlerströme versuchen zu reduzieren wegen besser bezahlter Jobs in HH) zu schaffen ist hier von gewissen Leuten ausdrücklich nicht gewollt wegen fehlender Bildung in Sachen Volkswirtschaft. Ganz zu schweigen von Umweltbelastung und Vernichtung von Grünflächen en gros. Dafür lieber den unteren Lohnsektor mit minimalen Gewerbesteuereinnahmen dank Filialwesen vergrößern hat schon Tradition. Siehe NETTO. REWE hat hier einige Leute hier umgarnt weil unsere Nachbarkommunen so einen LKW-Pendelverkehr samt Umweltbelastung nicht haben wollten. Auch Quickborn hätte Flächen Richtung A 7-Auffahrt nach dem Gewerbegebiet „Beim Umspannwerk“ in Norderstedt, nordseitig.
    In Sachen Rechtsstreit und Kosten aufgrund der nicht ermöglichten Bürgerbefragung hat REWE wohl viel Geld ausgegeben. Der Grund: außer H-U wollte niemand.
    Da wir hier im Ort eine Kraft aus dem alten Kader der HSH-Nordbank (Berater) haben wundert mich das nicht was hier passiert.
    Bin gespannt, woher zukünftig die Gelder kommen sollen u.a für den Neubau oder Sanierung des Alstergymnasiums und Sanierung der Verkehrswege für Autos, Radfaher, Fußgänger.
    Mich erheitert heute nur der Comedy-Beitrag bei RSH / Baumann & Clausen in Sachen C0 2 Steuer……paßt wie die Faust auf das berühmte Auge….besonders bei…….

  2. Sehr geehrter Herr Schneider,
    Man sieht dass Sie von Wirtschaftsförderung und Standortentwicklung der Unternehmen nicht allzu viel Ahnung haben können. Aber träumen ist erlaubt…

    1. Auf jeden Fall hat HU scheinbar kein großes Interesse, Gewerbegrundstücke kleiner 3000qm zu veräußern. In Ellerau, Bilsen und Kaki (Quickborn ist ne andere Preisklasse) sind Kleinbetriebe hingegen willkommen. Und die dortigen Grundstücke hatten reißenden Absatz, ein entsprechender Bedarf ist also sehr wohl vorhanden. Wäre schon interessant, was man verkaufen wollte, woran niemand (laut dem Beitrag von Herrn Schneider) Interesse hatte, ich kann es mir kaum vorstellen. Wenn man allerdings darauf wartet, fertig vermessene Parzellen an den Kunden zu bringen oder meint, der Kunde hat jahrelang Zeit, dann sind unsere flexibleren Nachbarn im Vorteil.
      Das war jetzt ein höchst subjektiver Beitrag, der vielleicht nur auf einem Einzelfall beruht. Aber wenn ich höre, HU hat mit direktem Autobahnanschluß und bei dem Quadratmeterpreis Probleme, seine Gewerbeflächen zu verkaufen, dann stimmt da was nicht!

      1. „Aber wenn ich höre, HU hat mit direktem Autobahnanschluß und bei dem Quadratmeterpreis Probleme, seine Gewerbeflächen zu verkaufen, dann stimmt da was nicht!“ -> genau das! 😉

  3. DAS wäre eine schöne Gewerbeansiedlung gewesen: https://t1p.de/bhjt (obersten Link noch selbst klicken). Nur 4 Hektar (statt 30 für Rewe), Gebäude nur 15 Meter hoch (statt 30 Meter wie bei Rewe).

    800 Jobs, aber in der Medizintechnikbranche: Qualifizierte Arbeit (statt nur Logistik, die hohes Automatisierungspotential hat), hohe Wertschöpfung, der erkleckliche Gewerbesteuern entspringen dürften (statt nur Güterumschlag und LKW-Fluten wie bei Rewe). Davon viele neue Jobs (nicht nur umgezogene, die zunächst besetzt sind).

    Als Rewe auf den Tisch kam, wurde argumentiert, man bleibe sonst auf dem Gewerbeland sitzen, wodurch es Gelder der Gemeine binde, die man für den Ankauf investiert hatte. Norderstedt macht irgendwas besser als wir bei der Identifizierung und Ansprache von interessanten Firmen. Selbst den Markt sondieren und proaktiv anrufen, potentiell (statt nur mehr oder weniger neben dem Telefon warten, das mal einer anruft…)?

    Noch auf der IGEK-Auftaktveranstaltung im Bürgerhaus drückte unser Wirtschaftsförderer sein Bedauern aus, das für die Rewe-Fläche leider niemand sonst Interesse bekundet hatte. Und die BI Ortsentwicklung hatte genau dieses mangelnde Interesse in Zweifel gezogen. Zurecht, wie man sieht. H-U ist leider weder der schnelle Hase bei der Gewerbeakquisition, noch der clevere Igel. Schade.

    1. Hallo Herr Schneider, tolles Beispiel! Die Akquise solch eines Gewerbebetriebes ist nachhaltig und ein echter Gewinn.

    2. Im Gegensatz zum geplanten Rewe-Standort am Autobahnzubringer wird sich der künftige Standort der Fa. Link zwischen Wohngebiet auf der einen und Kleingartenanlagen auf der anderen Seite an einer neu zu bauenden Strasse quer durch derzeit noch Weide- und Ackerflächen befinden. Von der der Terasse auf 15m Wände zu gucken ist auch nicht toll. Und auch dort wird es mehr Verkehr geben. Denn trotz naher AKN-Haltestelle und neuer Buslinie werden viele Mitarbeiter mit dem Auto kommen. 600 von dann 800 Arbeitsplätzen werden nur verlagert indem 3 Standorte zusammen gelegt werden. Was aus den bisherigen Standorten wird bleibt abzuwarten. Vermutlich nochmehr Leerstand in den ohnehin häufig leer stehenden Gewerbegebieten. Übrigens gibt es auch und gerade in der Medizintechnik viele automatisierte Abläufe, Handarbeit kann diese notwendige Präzision gar nicht leisten.
      Fa. Link hat aktiv nach Flächen gesucht und sich für diesen Standort entschieden.
      Es ist zu einfach der Gemeinde mangelnde Akquise vorzuhalten. Es braucht immer 2 Seiten, um sich einigen zu können. Firmen haben genaue Vorstellungen von dem was sie brauchen. Und dann muss das passende Gegenstück gefunden werden.

      1. Aber es fällt eben auf: Andere holen sich die Zukunftsbranchen mit Steueraufkommen, bei uns hockt man (überspitzt formuliert) wartend neben dem Telefon und nimmt dann, was kommt (was sonst keiner haben will): Logistikhallen.
        Und wer weiß wo die von Fa. Link noch überall angerufen haben? Wenn nun noch viele Henstedt-Ulzburger zu dem schon bestehenden Betrieb hinpendeln und künftig nach Norden gefahren wären (oder gar die Basis für einen Pendelbus gebildet hätten?)… hätte, könnte, wenn… wir sind leider wieder nur Zaungäste und haben 30 Ha verplempert, ggf. konnte man nichts verlockendes aus dem Hut zaubern. Norderstedt sei es gegönnt, der Beschäftigungseffekt wir nach ganz SE-West ausstrahlen, besser als an die A1 östlich HH. Aber man merkt schon auf…

  4. Das die sich eine Alternative suchen (NMS oder nordwärts, da Bad Bramstedt die auch nicht haben wollte und südlicher nur Henstedt-Ulzburg so ein großes Grundstück hatte), wäre natürlich das sprichwörtliche Wunder in der Not. Aber davon sollten wir nicht träumen…
    —-
    Ein erneutes Bürgerbegehren wird kaum in das ggf. nochmal entstehende Zeitfenster passen, außer es gäbe ein breites bürgerliches Engagement der Art, das nicht wenige sich monatelang die Füße an Infoständen plattstehen, sondern Dutzende ausschwärmen und Nachbarschaften abklingeln und dort auch auf genug Teilnehmer am Begehren treffen, die inzwischen den Fall kennen und unterschreiben. Hier müsste sich dann für jede Nachbarschaft jemand finden, um dort eine schnelle und entschlossene Kampagne durchzuführen.

    Wer also jetzt auf eine zweite Chance hofft, müsste die eigene Bereitschaft zeigen, aktiv zu werden oder zumindest sich die Konsequenzen für die Gemeinde aus der Ansiedlung noch mal
    vergegenwärtigen, hiermit notgedrungen: http://www.rewe-HU.de …denn die Unterschriftensammler hätten diesmal nicht die Zeit, alles detailliert zu erläutern.

    Eigentlich hatten wir jemanden, der 2200 Unterschriften im letzten, nur an formaljuristischen Details gescheiterten, Bürgerbegehren aus eigenem Antrieb hätte würdigen können, z.B. eine eigene Volksbefragung durchführen und so die ganzheitliche Bürgermeinung final klären. Leider Fehlanzeige.
    ——
    Anforderung an dessen Job nach eigener Aussage: Er soll „Mittler zwischen Gemeindevertretung und Bevölkerung sein. Er soll fähig sein, die unterschiedlichen Interessen zu Gesamtergebnissen zusammenzuführen“. Naja, im Wahlkampf hieß es: Keine Logistik mehr ansiedeln, später dann Meinung geändert. Wen meine ich bloß?

    http://www.stefan-bauer-hu.de/meine-motivation/
    Unten wird die „…Erwartungshaltung an das Amt des Bürgermeisters“ kundgetan.
    Oder auch hier: http://www.stefan-bauer-hu.de/meine-ziele/
    Unter „Der Wirtschaftsstandort Henstedt-Ulzburg“ wird zur Ansiedlung von Großunternehmen resümiert: Kleine/mittlere Unternehmen prägen den Ort und das soll so bleiben. Wäre es nur auch so gekommen.

    Eine Hoffnung gibt es aber tatsächlich:
    Eine erneute Meinungsänderung, back to the roots.
    Denn 2020 ist schon wieder Bürgermeister-Wahl.

  5. Was mich jetzt an der Sache mal interessieren würde ist
    – wie sind die Fristen bei dem Verfahren oben, d.h. wann weiß man, ob die Klage zugelassen wird ?
    – wie verhält sich eigentlich REWE ? Wie lange warten die noch oder arbeiten die schon an Alternativen ?

    Gruß,
    Manfred Ram

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