Als „Punktsieger“ ist Henstedt-Ulzburgs abgewählter Bürgermeister Torsten Thormählen nach dem ersten Prozesstag vor dem Amtsgericht Norderstedt anzusehen. Darin waren sich mehrere Beobachter des Geschehens nach siebenstündiger Verhandlung einig. Zu Beginn hatte der Angeklagte – grauer Anzug, grün-weiße Krawatte – eine Erklärung verlesen: Er verstehe die ganze Anklage nicht, er habe seine Nebentätigkeit sehr wohl angezeigt.
Dagegen wirft die Staatsanwaltschaft Thormählen vor, eben diese Nebentätigkeit als Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau (KBE) seinen Dienstherren – der Stadt Norderstedt und der Gemeinde Henstedt-Ulzburg – „nicht vollumfänglich angezeigt zu haben, um dadurch der Abführungspflicht für die erhaltenen Gelder zu entgehen.“ Durch dieses Verhalten soll der Ex-Bürgermeister bei der Stadt Norderstedt und der Gemeinde Henstedt-Ulzburg einen Schaden von 56.000 beziehungsweise 13.800 Euro verursacht haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, Beschäftigte der KBE nicht beim zuständigen Sozialversicherungsträger angezeigt und dadurch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile vorenthalten zu haben.
Als ersten Zeugen rief Amtsrichter Jan-Wilhelm Buchert den Ellerauer Kommunalpolitiker Bernd Exler auf, Verwaltungsratvorsitzender der KBE: Thormählen habe zunächst als Ellerauer Bürgermeister den Vorstand des gerade erst gegründeten Kommunalbetriebes KBE übernommen – ohne gesonderte Bezahlung, so der Zeuge. Erst als Ellerau an Norderstedt angegliedert worden sei, habe Thormählen davon gesprochen, dass er seine Nebeneinkünfte in Höhe von 2.300 Euro monatlich anzeigen müsse.
Laut Exler war dann im Verwaltungsrat auch davon die Rede, dass ein neues Konstrukt gefunden werden müsse, da Thormählen nicht bereit gewesen sei, auf einen Teil seiner Nebeneinkünfte zu verzichten. Das Gremium sei aber mit der Arbeit des Angeklagten sehr zufrieden gewesen und habe ihm auch die volle Summe zukommen lassen wollen. Von einer Tätigkeit als selbstständiger Berater der KBE sei die Rede gewesen.
Exlers Darstellung rief Thormählens Verteidiger, den Kieler Strafrechtler Professor Dr. Michael Gubitz, auf den Plan: Wenn diese Aussage zum Zeitpunkt der anonymen Anzeige gegen Thormählen bekannt gewesen wäre, könnte sein Mandant noch Bürgermeister in Henstedt-Ulzburg sein. Es sei ein falscher Strafbefehl ergangen. Staatsanwalt Bijan Nowrousian konterte kleinlaut: Nur eine Passage sei falsch gewesen. Der Strafbefehl „verdonnert“ Thormählen zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und eine Geldbuße von 10.000 Euro. Dagegen hatte der Ex-Bürgermeister Einspruch eingelegt, weswegen jetzt gegen ihn vor Gericht verhandelt werden muss.
Lediglich einer von von weiteren Zeugen, die heute gehört wurden, will nichts von einem Beratervertrag gehört haben. Der ehemalige Steuerberater und KBE-Verwaltungsrat Rainer Schultheis konnte sich auch nicht daran erinnern, dass Thormählen seine Nebentätigkeit für die KBE beenden würde, wenn nicht andere Konditionen für ihn vereinbart würden.
Zeuge Helmut Schild wollte von seinem angeblichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen: Er sei der Onkel von Thormählens Frau und wolle durch seine Angaben in keinem Fall den Familienfrieden gefährden. Da das Gericht ad hoc den Antrag des Zeugen nicht klären konnte, wurde er vorläufig entlassen. Schmunzeln im Gerichtssaal. Der Prozess gegen Torsten Thormählen wird am Freitag ab neun Uhr im Amtsgericht Norderstedt, Saal F, fortgesetzt.
Jörg Schlömann
10. März 2014
Sie haben Recht, Herr Schmidt, der Prozess ist noch nicht vorbei und Herr Thormählen noch nicht freigesprochen. Es wundert mich doch nur sehr, dass nach einer anonymen Anzeige die Staatsanwaltschaft Kiel über 1 Jahr ermittelt (!) und dann von der damaligen 200.000 €-Beschuldigung nur ein Bruchteil übrig bleibt. Und auch dieser werden dann in einem ordentlichen Gerichtsverfahren am ersten Tag schon schwerst entkräftet. Davon mal abgesehen, dass ich von anonymen Anzeigen wenig bis gar nichts halte. Wenn ich etwas vorzubringen habe, stehe ich auch gern mit meinem Namen dafür (tun wir hier ja schließlich auch, und das ist ja auch ein Zeichen von guter Streitkultur).
Ich finde, das was da gelaufen ist, ist politischer Rufmord gewesen, denn öffentlich war Herr Thormählen bereits vorzeitig verurteilt. Und genau das ist das Problem an solchen Anschuldigungen. Sind sie erstmal in Umlauf, werden sie von der Masse bereits als Tatsache angesehen. Und wenn Sie fragen, ob er schon vom Strafbefehl befreit ist, sagt mir das doch, dass für Sie ein Strafbefehl bereits eine Verurteilung ist. Und das ist sie eben nicht! Das Urteil ist erst rechtskräftig, wenn die Verhandlung vor dem Amtsgericht gelaufen sind und sein Widerspruch gegen den Strafbefehl abgewiesen ist. Und nicht bereits, wenn gegen ihn ermittelt wird. Hier zitiere ich die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 6, Abs 2): „Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“
Worum es mir hier geht ist, wie wir mit Menschen umgehen, die sich öffentlich exponieren und für Ihre Gemeinde einsetzen.Ich persönlich glaube, dass diese Anzeige aus unserer Gemeinde kam. Meine Einstellung zu anonymen Anzeigen habe ich schon zum Besten gegeben, aber das diese Anzeige anonym erfolgte weckt in mir den Verdacht, dass unsere örtliche Politik damit zu tun hat. Ich werde hier niemanden beschuldigen oder verdächtigen, dann wäre ich kein Stück besser als die, die die ich kritisiere.
Zum Thema Ursache und Wirkung ist ja eben das Verfahren zur Klärung einberufen, von daher kann, bis zur Verkündigung des Urteils, kein Mensch sagen, was hier Ursache und was Wirkung ist, weil eben noch keiner weiß ob Herr Thormählen zu Unrecht angeklagt wurde.
Können Sie mir erklären, was an meinen Ausführungen denn so falsch ist, dass ich lieber hätte schweigen sollen?
und an Herrn Assmussen: Diese Frage stelle ich mir allerdings auch, da ich leider kein Jurastudium habe
und an Herrn Schmidt: und auch kein kleines oder großes Latinum habe….
Und nun hört man das Rauschen im Walde…
keine Antwort ist auch eine Antwort…
Hm,
ich glaube das der google Übersetzter beim Verfasser kaputt ist und er jetzt das Wörterbuch sucht. 🙂
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Oder ist der Ex-Bürgermeister etwa schon von seinem Strafbefehl befreit? Was meinen Sie mit „schwer durchschaubaren „Klüngeleien“ (sind vieleicht „Kungeleien“ gemeint ?) der „örtlichen politischen Klasse“ ? Und verwechseln Sie da nicht Ursache und Wirkung?
Ach was, Herr Schmidt, wenn doch der Prozess morgen fortgesetzt wird, wieso waren Sie denn dann der Erste, der trotzdem mal was zum Besten geben mußte? Und Sie wollen wohl kaum behaupten, daß Ihr Beitrag höflich und unvoreingenommen war?! Und vielleicht erklären Sie auch noch den Unterschied zwischen „Klüngeleien“ und „Kungeleien“? Soweit mir bekannt ist beides ziemlich das Gleiche.
das kann ich aufklären:
Der Begriff Klüngel ist abgeleitet von „clungilin“ als Verkleinerungsform von „clunga“ = Knäuel und bedeutet demnach „kleines Knäuel“.[1][2] Das Wort steht für ein Gebilde, in dem hunderte Fäden „in- und durcheinander laufen, sodass man von außen nicht zu durchschauen vermag, wie alles zusammenhängt“.[3] Aus demselben Wortstamm erwuchs auch das englische to cling (festhalten, klammern).[4]
(Quelle Wikipedia)
Ach, jetzt versteh ichs. Weil es zwar das Wort „Klüngel“ gibt, offiziell aber nicht das Wort „Klüngeleien“, mußte das also als Angriffspunkt herhalten…
Herr Kirmse, Sprache ist ja lebendig, da kann mal ja gern auch mal persönlich modifizieren und aus einem Substantiv ein Verb machen 😉
Si tacuisses, philosophus mansisses…:-)
Si, so isses
Liebe Vorredner,
ich glaube, eine derartige Häme ist hier völlig unangebracht. Hier wurde die Lebensplanung eines Menschen aufgrund schlecht ermittelter Halbwahrheiten zerstört, Henstedt-Ulzburg hat einen sehr fähigen Bürgermeister verloren und die Unschuldsvermutung, eine der Säulen unseres Rechtssystems, mit Füßen getreten. Das ganze aufgrund schwer durchschaubarer Klüngeleien der örtlichen politischen Klasse. Mir wird heute noch schlecht, wenn ich an die Zeit der Absetzung und der Art des Umganges mit Herrn Thormählen denke.
Halten Sie derartige Äußerungen in diesem Kontext wirklich für angebracht? Wundert es Sie dann wirklich ernsthaft, dass sich so wenige Mensch aus der Mitte unserer Gesellschaft für einen solches Haifischbecken „Politik“ im Allgemeinen oder wie unsere Lokalpolitik im Speziellen engagieren will?
Guten Tag,
mir, als neu zugezogenem stellt sich die Frage:
Ist die Gemeinde oder die Stadt Norderstedt dem Herrn Thormählen schadesersatzflichtig wenn er frei gesprochen wird ?
Ein Bauemchen wäre doch hübsch…
Stimmt, oder ein Büstchen.
Ja und nach der Verhandlung und dem Freispruch wird der Mann mit der „Nebeneinkunft“ über 2300.-€ heilig gesprochen und seine Fans stellen ihm im Bürgerpark ein Denkmal auf…:-)