Es wird jedes Jahr einer mehr. In der Ortspolitik wächst langsam aber stetig die Ablehnung zu verkaufsoffenen Sonntagen. Sieben Gemeindevertreter haben gestern im Kommunalparlament einer Sonntagsöffnung von Läden und Geschäften nicht zugestimmt. Im vergangenen Jahr hatten sich sechs Kommunalpolitiker gegen verkaufsoffene Sonntage in der Großgemeinde gesperrt, davor waren es fünf.
Zum erstenmal blieb bei der Abstimmung auch eine christdemokratische Hand unten. CDU-Gemeindevertreter Henry Danielski verweigerte seine Zustimmung, enthielt sich der Stimme.
Jeweils eine Gegenstimme gab es bei WHU und SPD, bei der BFB lehnten vier Parlamentarier das Sonntagsshoppen ab. BFB-Chef Jens Iversen: „Wie jedes Jahr kann ich dem nicht zustimmen, mir erschließen sich die besonderen Gründe nicht, halte die Sonntagsöffnung auch aus kirchlicher Sicht für nicht richtig.“
Kopfschütteln dagegen bei FDP-Chef Klaus-Peter Eberhard über die Befürworter der Sonntagsruhe. Der Liberale zählte zahlreiche Branchen auf, in denen schon immer sonntags gearbeitet wurde, verwies zudem auf die Internet-Konkurrenz: „Der Onlinehandel hat 24 Stunden jeden Tag geöffnet, wir müssen unsere Gewerbetreibenden unterstützen. “ Eberhard zum christlichen Gebot der Sonntagsruhe: „Die christliche Kirche repräsentiert nicht mehr die Mehrheit.“
Auch WHU-Fraktionschefin Karin Honerlah, die der Sonntagsöffnung wie rund 30 weitere Gemeindevertreter zustimmte, meldete sich in der Debatte zu Wort, sagte: „Es ist bedrückend, dass viele Leute am Sonntag nichts besseres zu tun haben, als zu shoppen. Aber lass sie machen was sie wollen.“
Die Verwaltung hatte wie in den Vorjahren beantragt, Läden und Geschäfte an vier Sonntagen im Jahr die Öffnung zu erlauben. Das schleswig-holsteinische Ladenöffnungszeitengesetz erlaubt „aus besonderen Anlass“ maximal vier verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage im Jahr.
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16.September 2015
Wer nicht möchte, dann kann ja zu Hause bleiben und im Internet surfen“
„Jeder sollte doch selbst entscheiden können, wie er seinen Sonntag verbringen möchte.“
Nur zwei Zitate aus den Kommentaren; Danke, dass sie den Menschen die Entscheidung für die Sonntagsfreizeit selbst überlassen — schon mal an die gedacht, denen die Selbstentscheidung genommen wurde, alle Mitarbeiter die an den offenen Sonntagen eben nicht mehr entscheiden könne, außer mit Risiko des Arbeitsplatzverlustes?
Übrigens, das Argument, es gibt zahlreiche andere Jobs an denen auch an Wochenenden etc gearbeitet werden muss, ist mir bekannt. Ich gehöre selber dazu, habe aber auch diesen Weg bewusst aufgenommen. Ob das jeder Person im sowieso zeitlich immer gedehnten und damit familiär und sozial schlechterer Zeiteinteilung auch bewusst war?
Die Sonntags-Vekaufstage erfreuen sich doch sehr großer Beliebtheit. Dann sind die Straßen voll und die Parkplätze knapp. Wenn das Wetter auch noch mitmacht, dann ist man mit Kind und Kegel unterwegs. Die Gastronomie efreut sich dann auch besonderer Beliebtheit. Es reicht völlig aus ab 12 h. Dann ist auch für die Menschen Gelegenheit die Kirche zu besuchen. In Zeiten des Intenet-Handels hat hier der Einzelhandel gute Chancen. Wer nicht möchte, dann kann ja zu Hause bleiben und im Internet surfen. Anderenorts klappt das doch auch ! Stillstand ist Rückschritt – das ist von so einigen nicht klar. Wer nicht mit der Zeit geht, der muß mit der Zeit gehen…..Herr Danielsky hat wohl aus seiner Kirchengemeinde, wo er nach meinem Wissen aktiv ist, was zu hören bekommen…..Irre ich mich vielleicht ?
„Lass den Klick in Schleswig-Holstein“: http://www.klick.sh
Die Sonntagsöffnung hat eine lange Tradition, ganz besonders für die Landbevölkerung. Noch bis vor 100 Jahren hatten die Menschen aus dem Umland in der Woche weder Zeit noch Gelegenheit zum Einkauf. Da ging es Sonntags mit der ganzen Familie im Pferdewagen nach Henstedt. Man ging zunächst gemeinsam in die Kirche, danach ließen sich die Herren den „Kirchenschnaps“ bei Scheelke schmecken, während die Damen ihren Wocheneinkauf im Neuen Weg erledigten. Dort traft man auch auf Freunde und Bekannte, die man während der Woche nicht zu Gesicht bekam. Dieser Tag war der Höhepunkt der Woche.
Kirchenbesuch und Einkaufsbummel konnten nebeneinander bestehen. Heute geht das anscheinend nicht mehr – nur der Kirchenschnaps ist noch geblieben. Die meisten Geschäfte im Neuen Weg gibt es schon längst nicht mehr. Vielleicht ist ja der fehlende umsatzstarke Sonntag in jeder Woche auch einer der Gründe dafür.
In Henstedt-Ulzburg wird gerade von den Geschäftsleuten dafür geworben, dass die Kaufkraft im Ort bleiben muss. Viele Leute haben in der Woche keine Gelegenheit, dies hier zu erledigen und irgendwann ist dann auch der Bäcker um die Ecke verschwunden – aber der darf ja inzwischen wieder jeden Sonntag seine Brötchen verkaufen.
Durch die Sonntagsöffnung wird Niemand vom Kirchenbesuch abgehalten. Jeder sollte doch selbst entscheiden können, wie er seinen Sonntag verbringen möchte.
Die schöne Tradition stammt aus einer Zeit in der es kein „Wochenende“ gab, ich bezweifle dass die Einführung des Sonntags als Ruhetag von der arbeitenden Bevölkerung als Bruch mit einer liebgewonnenen Tradition und Beschneidung ihres Rechts auf Konsum wahrgenommen wurde – Im Gegenteil.
Ob der Verkaufsoffene Sonntag Geschäfte vor der Schließung bewahrt hätte kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Wenn man aber der Gleichung „Mehr Öffnungszeit = Besseres Geschäft“ glaubt, dann ist zu berücksichtigen dass wir in den letzten Jahrzehnten bereits eine massive Erweiterung der Öffnungszeiten erlebt haben, so dass die alteingesessenen Läden die bereits zu „alten Konditionen“ (Unter der Woche bis 18 Uhr, Sonnabends gar nicht oder bis 12 Uhr) überlebt haben heute dermaßen viel Geld scheffeln müssten dass der Sonntag wohl kaum ins Gewicht fallen dürfte. Wir sind uns sicherlich darin einig dass dies nicht der Fall ist.
Ich bin kein Freund des Verkaufsoffenen Sonntags, weniger aus religiösen (der biblische Ruhetag ist nicht der Sonntag) Gründen, sondern weil ich einen Ruhetag für wichtig halte und dieser umso stärker wirkt je mehr Menschen daran teilnehmen. Wie Herr Schwarz sehr richtig anmerkt ist das keine „jeder wie er will“-Entscheidung.
Und wenn wir mal ehrlich sind: Das Problem des lokalen Einzelhandels ist nicht der Sonntag als Ruhetag. Das Problem sind Bürger die ihre Einkäufe bei Amazon erledigen und dann am Besten noch gegen die zunehmende prekäre Beschäftigung durch das Aussterben der kleinen Läden und die wachsende Logistikbranche wettern.