„Ich bin schwanger“, diese Nachricht verändert das Leben einer Frau und
ebenso vieler Menschen um sie herum: Andere Themen werden wichtig, neue
Prioritäten werden gesetzt, neue Hoffnungen entstehen, aber auch zahlreiche
Ängste. Was wird aus mir? Was wird aus meinem Beruf? Was wird aus meinen
privaten Unternehmungen? Wie werden meine FreundInnen reagieren?
Noch stärker verändert sich das Leben nach der Geburt des Kindes. Die
Nachtruhe wird häufig gestört, ein Ausschlafen ist oft nicht mehr möglich.
Der eigene Tagesrhythmus wird durch das Kind bestimmt. Spontane Treffen und
Unternehmungen mit FreundInnen können nur schwer erfolgen. Die Freude über
den Familienzuwachs ist meistens groß, aber es bleibt die Frage nach dem
eigenen Ich: Wo komme ich selbst eigentlich noch vor? Was wird aus meinem
eigenen Leben?
Jetzt kommen sie alle, die Verwandten, FreundInnen, NachbarInnen und
ArbeitskollegInnen, und wollen das neugeborene Kind sehen. Wer in die Augen
eines Säuglings blickt, fängt automatisch an zu lächeln. Wer traurig war,
wird ein wenig fröhlicher. Wer hektisch und angespannt war, wird ein wenig
ruhiger. Und wer sogar das Kind im Arm halten darf, spürt großes Vertrauen
und Wärme und vergisst oftmals den Raum und das ganze Treiben um sich herum.
Diese besondere Wirkung eines neugeborenen Kindes spürten auch die Hirten
und die weisen Männer aus dem Morgenland, die das Jesuskind in der Krippe
fanden. Und sie empfanden eine große Hoffnung, dass dieses Kind sie aus
ihrer Unterdrückung – politisch und seelisch – befreien würde. Deshalb
nannten sie es „Messias“ oder „Heiland“, den Retter der Welt.
Heute haben wir meistens den erwachsenen Jesus vor Augen. Viele erinnern
sich an seine Worte und an seinen Tod am Kreuz. Dadurch können sie nicht
mehr das Wunder seiner Geburt nachempfinden. Doch wir feiern heute nicht das
Ende, sondern den Anfang. Versuchen Sie deshalb doch einmal, an den
Weihnachtstagen nach einem möglichst kleinen Kind Ausschau zu halten und
darin das Geschenk des neuen Anfangs zu spüren. Oder schauen Sie sich
Kinderfotos an – ihre eigenen oder die ihrer Kinder – und überlegen sie
einmal, was sie erinnern an Freude, glücklichen Augenblicken und Hoffnungen,
die stärker waren und sind als alle Enttäuschungen. Dann haben Sie die alte
und immer neue Botschaft von Weihnachten entdeckt, von der die Engel
gesungen haben: „Friede auf Erden“ – das heißt in den Herzen und für alle
Menschen.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest, an dem sie diesen Frieden
spüren mögen.
Gunnar Urbach, Pastor