Donnerstags im Bürgerhaus: Hier steht Henstedt-Ulzburgs Armut Schlange!

Die Norderstedter Tafel kommt jeden Donnerstag ins Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus
Die Norderstedter Tafel kommt jeden Donnerstag ins Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus

Menschenauflauf am Donnerstag kurz vor 15 Uhr im Bürgerhaus: junge Eltern, gestandenes Mittelalter, betagte Rentner – alles ist dabei. 30 Personen stehen Schlange, um im Bürgerhaus der Großgemeinde von der Norderstedter Tafel Essen in Empfang zu nehmen.

Die Hilfsorganisation gibt dort jede Woche Lebensmittel an Bedürftige aus. Von Obst über Brötchen und Gemüse bis hin zu Blumen – die Auswahl ist groß. Und die Meinung der Kunden überwiegend positiv. „Sehr gute Arbeit!“ und „Super-Leistung!“ sind zu hören. Die meisten Besucher freuen sich über die Tafel und sind zufrieden mit der Arbeit der ehrenamtlichen Helfer.

Doch es kommt auch immer wieder zu Kritik an der Tafel. Eine Kundin drohte am Donnerstag, eine Beschwerde beim Sozialamt einzulegen, da sie angeblich schlechte Ware erhalten habe. „Grundsätzlich ist unsere Kundschaft zufrieden mit unserer Arbeit, doch es gibt immer Ausnahmen. Das sind die Leute, die morgens ins Sonnenstudio gehen und nachmittags zur Tafel kommen, weil ihnen Geld für Essen fehlt. Und dann beschweren sie sich auch noch“, ärgerte sich Ausgabe-Leiterin Barbara Rentsch über einen Teil ihrer Kundschaft im Gespräch mit den Henstedt-Ulzburger Nachrichten.

Die Tafel-Chefin bedauert zudem, dass immer wieder Menschen dabei sind, die sich mit Lebensmitteln für eine Woche eindecken wollten. Dabei diene die Tafel nur als Zusatz und nicht für die Grundnahrung, sagt Rentsch.

Ein ganz grundsätzlicher Kritikpunkt eines Tafel-Besuchers: Zu viel pflanzliche Kost, keine Tiere: Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg solle für Kühlmöglichkeiten sorgen, damit auch Fleisch ausgegeben werden könnte. Eine andere Besucherin störte sich an der Unpünktlichkeit von Rentsch und Co.. Hintergrund: Die Tafel-Verantwortlichen hatten mit der Lebensmittelausgabe diesmal erst mit 10-minütiger Verspätung losgelegt.

Die Gründe, warum die Menschen dieses Angebot nutzen, sind immer gleich: zu wenig Geld in der Tasche und zu hohe Lebensmittelpreise. Viele der Kunden, die größtenteils Migrationshintergrund haben, sind arbeitslos und leben oft auch an der Armutsgrenze.

Auf der anderen Seite lebt auch die Tafel von Spenden und Sponsoren. Auf die Frage, warum sie diese ehrenamtliche Tätigkeit ausführt, antwortet Ausgabeleiterin Rentsch schlicht: „Jeder in Deutschland sollte ein Ehrenamt inne haben.“ Eine Einstellung, an der sich viele ein Beispiel nehmen können. Wer selbst bei der Tafel mitmachen oder spenden möchte, findet weitere Informationen unter www.norderstedter-tafel.de.

Niklas Ohrts

29. März 2014

11 thoughts on "Donnerstags im Bürgerhaus: Hier steht Henstedt-Ulzburgs Armut Schlange!"

  1. Wer über Verspätung meckert, sollte vielleicht zur Mitarbeit ermuntert werden. Wem die Auswahl und die Qualität nicht gefällt, sollte von seiner Freiheit Gebrauch machen, sich nichts mehr zu holen.

  2. Ich ziehe den Hut vor den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Tafel!
    Beschwerden kommen mit Sicherheit nicht von denjenigen, die leider auf dieses
    Projekt angewiesen sind. Schade, dass diese Einrichtung derart missbraucht wird.

  3. Was ist Neofeudalismus?

    Alles ändert sich. Das war immer so, und das wird immer so bleiben. Es hat immer Zeiten gegeben, die von einer größeren Gleichheit und Gerechtigkeit geprägt waren, und Zeiten, in denen das weniger so war.

    Im Feudalismus vergangener Jahrhunderte gab es jene, die sich viel nahmen und daher viel besaßen, und jene, die wenig besaßen und deshalb für die anderen arbeiten mussten. Sie schuldeten Abgaben und waren vom guten Willen der Besitzenden abhängig. Es war ein Prinzip, das auf selbst legitimierter Ungleichheit beruhte.

    Es folgten Aufstände, Revolutionen, und meistens auch deren Niederschlagung, und wirklich effektiv war letztlich einfach nur die Erkenntnis, dass es keinem wirklich schlechter gehen muss, wenn es sehr vielen etwas besser geht.

    So wurde das Prinzip des Feudalismus in aufgeklärten Gesellschaften allmählich durch den Gedanken eines demokratisch legitimierten Sozialstaates ersetzt, der gleiche Regeln für alle vorsah. Die Grenzen fanden sich hier in der Balance zwischen dem Gemeinwohl aller und der Freiheit des Einzelnen.

    Derzeit machen viele Gesellschaften weltweit einen umgekehrten Wandel durch, der vermehrt spürbar ist, aber doch so unbemerkt wie möglich erfolgt. So wird Widerstand vermieden, Politik verkommt zum Blendwerk, und das Volk wird zu Arbeitern, Konsumenten und Schuldnern degradiert.

    Wieder einmal erlangen wenige Menschen zunehmenden Besitz und Ressourcen. Mechanismen, die diese erneute Entwicklung übermäßiger Ungleichheit verhindern sollten, werden durch die Nähe der Besitzenden zu den von ihnen unterstützten Regierenden außer Kraft gesetzt.

    Dieses führt zu einer wachsenden Abhängigkeit und Unfreiheit aller anderen. Mitbestimmung und Demokratie schwinden. Dieser Wandel hat längst begonnen, vielerorts.

    Das ist Neofeudalismus.
    http://www.meudalismus.dr-wo.de
    http://www.wohlstand-für-alle.de

  4. schade das der Bericht überwiegend die negativen Seiten beschreibt.
    Es liegt wohl in der Natur des Menschen (EGO) das es immer wieder Schmarotzer gibt, die mit nichts zufrieden sind.
    Doch die überwiegende Zahl der Menschen, die zur Tafel gehen, tuen dieses wohl aus der Not heraus und wissen das bestimmt zu schätzen, was dort angeboten wird.
    Es ist schon traurig genug, das es diese Not überhaupt gibt.
    Auch hier werden wieder nur die Symptome beschrieben und bekämpft, aber leider nicht die Ursache!

    Die Welt hat genug für Jedermann Bedürfnisse, aber nicht für Jedermann Gier.

  5. Es ist schön, daß die ehrenamtlich Tätigen sich von den „schwarzen Schafen“ nicht die Laune verderben lassen! Denn das, was laut diesem Artikel an Kritik geäußert wird, macht mich fassungslos.

    1. Ich wollte eigentlich nicht so deutlich werden, aber die obigen Kommentare ermutigen mich zu weiteren Feststellungen:

      Die Helferinnen und Helfer sortieren vor Öffnungsbeginn die Waren vor, d.h. konkret, dass sichtbar „schlechte“ Produkte, z.B. Obst und Gemüse aussortiert werden. Die Haltbarkeitsdauer anderer Waren ist z.T. überschritten, was aber bei vielen Produkten nicht von Relevanz ist, siehe hierzu Sendungen wie „Markt im Dritten“. Die Haltbarkeitsdauer hat auch juristische Gründe, weshalb die Industrie auf die sichere Seite geht.
      Beispiel: Hochwertige Schokolade – dort läuft bei Tafel – Ausgabe die Haltbarkeit oft erst in 3 oder 4 Monaten ab.
      Außerdem weisen die Helferinnen und Helfer bei „sensiblen“ Produkten, z.B. Kochschinken, immer wieder darauf hin, die Ware vor dem Verzehr genau zu prüfen.
      Sylvia Metzing schreibt…….“Man kann also keinen Delikatessenladen erwarten“; stimmt,
      aber was ich in meiner Zeit als Tafelhelfer an hochwertigen, um nicht zu sagen Luxus – Lebensmitteln gesehen habe, lässt sich nur als Delikatessen beschreiben.
      Es waren Artikel dabei, die ich mir wegen des hohen Preises schon aus Prinzip nicht kaufen würde.
      Und trotzdem meckern einige Leute. Wenn es denen nicht gefällt, nun, es zwingt sie keiner zur Teilnahme.

  6. Mich empoert dieser Artikel sehr,sollte die Tafel vorrangig doch als eine soziale Einrichtung auf freiwilliger Basis angesehen werden.Anstatt sich ueber Dinge zu beschweren die ehrenamtlich getaetigt werden sollten eventuell die Hintergruende erfragt werden.
    Da diese Lebensmittel von den Geschaeftsleuten gespendet werden muss das verteilt werden was geliefert wird.Man kann also keinen Delikatessenladen erwarten.

  7. Zwei Bemerkungen bitte:

    Im Durchschnitt kommen 50 bis 60 Personen.

    Die verspätete Lebensmittelausgabe liegt niemals an den Helfern, sondern daran, dass der
    Lieferwagen aus Norderstedt aus verschiedenen Gründen nicht immer pünktlich ist.

    Joachim Dultz,
    ehemaliger Helfer, der leider nicht mehr die schweren Warenkisten schleppen kann.

  8. Es ärgert mich bei allen Verständis für die Tafeln diese Sprüche manche gehen morgens ins Sonnenstudio ud nachmittags zur Tafel. Was sind das für gutmenschen die nicht das Recht haben über Leute zu urteilen warum sie zur Tafel kommen und es öffentlich äußern. Mir fehlt der Glaube das jeder ein Ehrenamt ausführen wird. Vor allem wenn man wie anscheinend bei der Tafel in Norderstedt mit dem Ehrenamt nicht richtig umgehen kann.
    Man kann nur hoffen das sich wieder alles „normalisiert“ und andere „Ehrenämter“ ausgeführt werden als bei der Tafel.

    Mit freundlichen grüßen Franz

  9. Ist mir ein Rätsel, weshalb man sich über Unpünktlichkeit oder angeblich schlechter Ware beschwert, anstatt dankbar zu sein, dass man überhaupt etwas zu bekommt.

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