Alle fünf Jahre bei Kommunalwahlen konnte man dieselbe Zeremonie bei der Henstedt-Ulzburger SPD beobachten: Je länger der Abend, je mehr Ergebnisse aus den Wahllokalen eintrudelten, umso länger wurden die Gesichter der Genossen. Im Jahr 2008 entgleisten die Gesichtszüge dann regelrecht: Obwohl die CDU erdrutschartige Verluste hinnehmen musste, konnten die Sozialdemokraten davon nicht profitieren. Gerade mal 25,11 Prozent der Wähler wollten der SPD ihre Stimme leihen. So wenig Zustimmung für die Sozialdemokratie gab’s noch nie in der Großgemeinde.
Doch, oh Wunder, erstaunlich schnell entspannte sich die sozialdemokratische Physiognomie wieder: Denn auf einmal konnte die SPD viel mehr umsetzen, als je zuvor. Entweder zusammen mit der WHU oder gemeinsam mit der CDU.
So setzte die SPD gleich nach der Wahl die Einrichtung von zwei Gemeinschaftsschulen durch. Zusammen mit der WHU hob sie vorherige Beschlüsse der CDU auf, die jeweils eine Gemeinschaftsschule und eine Regionalschule vorsahen.
Ebenfalls zu Beginn der Legislaturperiode sorgte die SPD gemeinsam mit der WHU dafür, dass alle Planungen zum Baugebiet Beckershof auf Eis gelegt wurden – alle bis auf einen: Zusammen mit der CDU wurde beschlossen, dass sich die Gemeinde weiterhin für einen zweiten Autobahnanschluss stark machen soll.
Später dann setzte die SPD zusammen mit der WHU die Wiedereinführung der Baumschutzsatzung durch, sie war 2003 gegen heftigen Wiederstand der Sozialdemokraten abgeschafft worden.
Und aktuell verwirklicht die SPD zusammen mit der CDU ihre Vorstellungen für die Henstedt-Ulzburger Mitte: Dort soll mit dem Abriss des alten Ulzburg-Centers noch dieses Frühjahr begonnen werden, um Platz zu schaffen für ein neues modernes Einkaufszentrum mit 12.000 m² Verkaufsfläche.
Und auch nächste Woche, bei der von der CDU geforderten Neubesetzung des ersten stellvertretenden Bürgermeisters, ist die SPD wieder das Zünglein an der Waage. Egal wie die WHU-Abspaltung um Bürgervorsteher Schäfer abstimmt: Gegen die acht Stimmen der SPD kann Wilhelm Dahmen nicht abgewählt werden.
Doch die aufgeführten Punkte machen auch das Dilemma der SPD deutlich. Kaum jemand nimmt sie als die entscheidende gestalterische Kraft in der Gemeinde wahr. Es scheint, als habe sich die jahrzehntelange Bedeutungslosigkeit der SPD tief ins Bewusstsein der Henstedt-Ulzburger eingebrannt. So wird die Verhinderung von „Beckershof“, alleine der WHU zugeschrieben, bei der Frontstellung um das Für und Wider des CCU beharken sich vornehmlich CDU und WHU; wenn die WHU nicht gleich beide Rollen selber übernimmt.
Ihr Stimmverhalten bei der Entscheidung um die mögliche Abberufung des ersten stellvertretenden Bürgermeisters bietet der SPD nun die Chance, endlich auch einmal öffentlichkeitswirksam in Erscheinung zu treten. Und zu zeigen, dass ohne die Sozialdemokraten nichts geht in Henstedt-Ulzburg.
Noch ringt die SPD um ihre Haltung. Siegfried Ramcke, dritter stellvertretender Bürgermeister: „Vor der Fraktionssitzung am Donnerstag gibt es keinen Kommentar dazu.“
Christian Meeder
12.03.2012
Die CDU benimmt sich wie im Kindergarten und streitet sich um die Schaufel (Vertreterposten) im Sandkasten. Persönliche Animositäten haben in der Gemeindevertretung aber absolut nichts zu suchen.
Die Stärke der Sozialdemokraten liegt darin, jetzt die Vernunft walten lassen zu können und so zu entscheiden, wie man auch sachlich argumentieren kann. Emotionen sind hier nicht unbedingt angesagt. Das schlechteste wäre eine Enthaltung, weil das bedeutet, daß man für nichts steht. Es gibt also nur ein JA oder ein NEIN; ein dafür oder ein dagegen. Dabei sollte man sich hier nicht den Schneid von einer liberalen Minderheit abnehmen lassen.