Der Bürgervorsteher will mehr Geld und betätigt sich jetzt als Wohnungsmakler

Bürgervorsteher Carsten Schäfer ist offenbar arm dran: Die Aufwandsentschädigung für sein Ehrenamt sei zu niedrig, ließ er die Mitglieder des Hauptausschusses über eine Mail an die Fraktionsvorsitzenden wissen. Er beanspruche den Höchstsatz, der für Gemeinden bis zu 30.000 Einwohnern vorgesehen ist: 545 Euro im Monat. Derzeit erhält Schäfer für seine ehrenamtliche Tätigkeit als Bürgervorsteher 375 Euro im Monat.

Schäfer begründete seine Forderung mit den zahlreichen Terminen, die er wahrzunehmen habe: So sei er im vergangenen Jahr zu 60 Einsätzen am Tage sowie zu 82 Veranstaltungen abends und an den Wochenenden für die Gemeinde unterwegs gewesen – ohne die Sitzungen der Selbstverwaltungsgremien. Der Bürgervorsteher weiter: Da die Gemeinde keine Stelle für Öffentlichkeitsarbeit habe, müsse er alle Grußworte auch noch selbst ausarbeiten.

Bei den Mitgliedern des Hauptausschusses fand Schäfers Forderung nach einer „Gehaltserhöhung“ um 45 Prozent wenig Gegenliebe. FDP-Fraktionsvorsitzender Klaus-Peter Eberhard stimmte dem Bürgervorsteher zu, dass dessen Tätigkeit schlecht bezahlt sei. Das gelte aber für alle Kommunalpolitiker, die pro Sitzung 25 Euro Aufwandsentschädigung erhalten. Der Hauptausschuss war sich einig darin, das Problem der „Diäten“ der nächsten Gemeindevertretung zu überlassen.

Erfahrene Kommunalpolitiker, die schon seit Jahren „im Geschäft“ sind, äußern hinter vorgehaltener Hand dann auch schon die Ansicht, dass sich Schäfer um die Wahrnehmung von „öffentlichkeitswirksamen Terminen“ geradezu reiße und keine Gelegenheit auslasse, um sich und sein Amt zu präsentieren. Dazu passt folgende Pressemitteilung, die der Bürgervorsteher in dieser Woche über die Gemeindeverwaltung verschickte:

„Über mehrere Wochen haben die Bewohner der Schulstraße und des Eschenweges die Abrissarbeiten der Hofstelle Budding beobachten können. Die Bewohnerin ist 97-jährig verstorben. Nach und nach sind alle Gebäudeteile abgetragen worden. Übrig geblieben ist aktuell ein großer Steinhaufen.“

Neu entstehen sollen laut Carsten Schäfer drei Appartmenthäuser mit je fünf Wohnungen. Tiefgaragenplätze seien vorgesehen. In der Pressemitteilung folgen Name und Telefonnummer des Bauherrn aus Bad Bramstedt. Und dann bemüht der Bürgervorsteher in seinem Text noch werbewirksam einen Nachbarn aus der nördlich angrenzenden Reihenhauszeile, der mit dem Projekt „hoch zufrieden“ sei: „Die Pläne sind prima. Der Abstand unserer Häuser zum ersten Neubau beträgt 22 Meter. Die Tiefgaragenzufahrt soll vom Eschenweg erfolgen. Die Häuser haben zwei Stockwerke und ein Staffelgeschoss.“

Und dann liest sich Schäfers Pressemitteilung wie eine Werbebroschüre: „Mindenstens 15 Tiefgaragenstellplätze entstehen, somit kann jeder den barrierefreien Fahrstuhl von der Tiefgarage aus nutzen, um in die jeweilige Etage zu gelangen. Durch den Bau der Tiefgarage entstehen auf dem Gelände große Freiräume zwischen den einzelnen Häusern. Die Wohnungen sind barrierrefrei. Außerdem werden sie mit einem Abstellraum, Gäste-WC und überdachten Balkon ausgestattet.“

Schäfer preist das Projekt weiter an: „Kein Gas, kein Öl, keine Fernwärme, sondern Erdwärmesonden mit Wärmepumpe und kontrollierter Be-und Entlüftung, das ist im höchsten Maße zukunftsweisend und spart viel Energiekosten ein. Dadurch sehr geringe Heiz-und Warmwasserkosten… Ernsthaft interessierte können sich vormerken lassen und eventuell noch an den Grundrissgestaltungen mitarbeiten…“

Dazu stellen die Henstedt-Ulzburger Nachrichten fest: Derartige Pressemitteilungen fallen wohl kaum in den Aufgabenbereich eines Bürgervorstehers, sondern sind ausschließlich Sache des Bauherrn oder eines von ihm beauftragten Maklers. Der verdient damit sein Geld. Der Bürgervorsteher hoffentlich nicht!

Jörg Schlömann

15. November 2012

10 thoughts on "Der Bürgervorsteher will mehr Geld und betätigt sich jetzt als Wohnungsmakler"

  1. Unabhängig von Personen sollte sich schon darüber Gedanken gemacht werden, ob eine fast 30.000 Gemeinde mit ehrenamtlichen Politikern professionell arbeiten kann. Wir sehen doch gerade in der letzten Zeit, wo das hinführt. Gerade für die Amtsträger (Vertreter des Bürgermeisters), Vorsitzende der Ausschüsse und auch den Bürgervorsteher stehen Preis/Leistung in Mißklang. Hier sollte die neue Gemeindevertretung im nächsten Jahr einmal ernsthaft Möglichkeiten prüfen und diskutieren.

  2. Sie haben völlig Recht Frau Dauer, wir benötigen einen Bürgervorsteher.
    Wenn wir uns hier aber an die Fakten halten, ist Kritik durchaus angebracht.
    Herr Schäfer hält als Bürgervorsteher ein EHRENamt inne, genauso wie alle anderen Gemeindevertreter. Das Wort EHRENamt sagt eigentlich schon aus, dass es eine Ehre sein sollte, dieses Amt auszufüllen und nicht sich hinzustellen und nach mehr Aufwandsentschädigung zu rufen!
    Zufällig weiß ich wovon ich rede, ich habe selbst 15 Jahre ehrenamtlich für das DRK gedient. Ich habe mich aus Gründen von Beruf und Familie irgendwann dazu entschlossen diesen Bereich aufzugeben.
    Und wenn Herr Schäfer nun mehr Geld benötigt, soll er sein Amt niederlegen und sich seiner Versicherungsagentur widmen. Und das ist überhaupt nicht polemisch gemeint, sonder hätte bei mir vollstes Verständnis.
    Aber nochmals: ein EHRENamt dazu benutzen, sein Taschengeld aufzubessern liegt nicht im Sinne der Erfindung!

  3. Ach, immer alle diese Gutmenschen, die wirklich jedes Engagement in den Boden reden müssen. Wir brauchen einen Bürgervorsteher und ich finde, mit Herrn Schäfer hat ein sympathischer Mensch dieses Amt inne.
    Wie wäre es, wenn alle, die hier jeden Kommunalpolitiker in der Luft zerreissen, für jeden Pups den einer tut, mal diese Ämter übernehmen? Ach nee, da ist das Sofa zu Hause abends dann bequemer, oder der Stuhl vor dem PC, über den man dann seine Gehässigkeiten verbreiten kann. Kindergartenverhalten! Meine Herren, ich sage Ihnen – bewerben Sie sich doch um ein Amt, vielleicht bräuchte das arme Henstedt-Ulzburg dann keinen „solchen Paradiesvogel“ zum Bürgervorsteher wählen…

    1. Klar -ich finde unseren Bürgervorsteher auch sympatisch,geradezu „schnuckelig“!
      Ihnen genügt dies als alleinige Qualifikation für dieses Amt-mir nicht!

    2. Sympathie alleine reicht aber in einer Gemeinde die sich mit großen Schritten den 30.000 Einwohnern nähert nunmal nicht. Bei allem Respekt vor einem Ehrenamt, muß aber gerade in einer Gemeinde dieser Größenordnung ein entsprechendes Maß Professionalität vorherrschen und Dieses ist hier leider nicht gegeben. Unabhängig davon muss man sich, Ehrenamt hin oder her nunmal auch Kritik gefallen lassen an der Amtsführung und wer das nicht kann, ist fehl am Platze.

    1. Traurig?
      Der Herr Bürgervorsteher gestaltet nach eigener Aussage sein öffentliches Amt
      wie er es versteht!
      Da er von nix gar nichts versteht ,am allerwenigsten von den eigentlichen Auf-
      gaben eines „Bürgervorstehers“,sollte uns überhaupt nicht wundern,welchen
      „Paradiesvogel“ wir uns da eingefangen haben!
      Allmählich dient dieser Mann eher der Volksbelustigung als der Bürgerschaft!
      Daher ist die Forderung nach einem „Unterhaltungszuschlag keineswegs
      abwegig!
      Ich bin gespannt auf die noch folgenden Kapriolen!

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