Im Rahmen ihrer „Spurensuche“ berühmter Künstler widmete Galeristin Angelika Dubber sich nach Emil Nolde diesmal dem grandiosen Werk des Bildhauers Georg Engst, der gerade seinen 85. Geburtstag gefeiert hat. Gemeinsam mit ihren Henstedt-Ulzburger Kunstfreunden suchte sie den Mann, der Hamburg unzählige Werke als „Kunst am Bau“ beschert hat, in seinem Atelier in Jersbek auf. Hier hatten die elf Besucher Gelegenheit, sich nach einem Glas Sekt zur Begrüßung von seiner Arbeit an den ebenso wuchtigen Großplastiken wie seinen filigranen Skulpturen zu überzeugen und fasziniert seinen Erläuterungen zu lauschen.
Georg Engst hat von Anfang an für seine Kunst gelebt. So absolvierte er zunächst eine Lehre als Holz- und Steinbildhauer, dem der Besuch der Akademie der bildenden Künste in München und die staatliche Hochschule für bildende Künste in Hamburg folgten. Seit 1946 arbeitet Georg Engst als freier Bildhauer, weil er sich der öffentlichen Kunst verpflichtet fühlt. Insofern leiste Kunst, wie er meint, auch einen Beitrag für die Öffentlichkeit. Seine Skulpturen, Objekte, Plastiken aus Bronze, Marmor und Holz sind daher auch europaweit im öffentlichen Raum vertreten. Grund genug für die Besucher, seinem Angebot, kleine Bronzen und Silberskulpturen sowie Holzschnitte und Zeichnungen als Unikate auf Kupferdruckpapier und Intarsien käuflich zu erwerben, begeistert nachzukommen
Unter dem Motto „Kunst, Kultur und Kulinarik“ sorgte Angelika Dubber persönlich in der Künstlerwerkstatt für den kulinarischen Part mit einer orientalischen Linsensuppe, genannt „Sfouf“, und einem orientalischen Kuchen zum Kaffee, bevor man sich einem Rundgang auf dem malerischen Gut Jersbek widmete. Begleitet von Burkhard von Hennings, Architekt, Diplom-Ingenieur, ehemaliger Kreisbaudirektor und Mitglied im Denkmalsrat, Verfasser etlicher Publikationen zu Themen der Denkmalspflege, der die Besucher durch den Park führte. Hier traf man auf ein bedeutendes Zeugnis barocker Gartenkultur aus der Zeit um 1726. Wer jetzt Lust bekommen hat, sich selbst von diesem beeindruckenden Ort zu überzeugen, findet eine Veröffentlichung zu diesem Thema im Jahrbuch 2005 des Kreises Stormarn (Hansa Verlag).
Wie beeindruckend das Lebenswerk von Georg Ernst ist, zeigt sich u.a. daran, dass die Kunsthistorikerin Dr. phil. Gisela Tiedge die künstlerische Arbeit des Bildhauers ihrer Doktorarbeit zugrunde legte. Mit allen Höhen und Tiefen seines bewegten Künstlerlebens. So konnte Engst nicht nur Erfolge und Lorbeeren für seine „Kunst am Bau“ einstreichen, sondern musste auch hinnehmen, dass viele seine Werke ohne vorherige Absprache mit ihm einfach abgebaut wurden und aus der Öffentlichkeit verschwanden. „Verrottet, verschollen und ausgelagert“, ist sein bitteres Resümee dazu. Von insgesamt 114 Arbeiten wurden 25 durch ihren Besitzer vernichtet, waren verschollen oder wurden durch höhere Gewalt vernichtet. Da stellt sich wahrhaftig die Frage nach den Rechten, die die Besitzer und Urheber an ihrem Kunstwerk haben. Engst ärgerte sich zeitlebens über den lapidaren bis zerstörerischen Umgang mit seiner „Kunst am Bau“ – sei es durch Abriss oder Abschlagen.
Allein neun in Auftrag gegebene Intarsienwände (von 1960 – 2007) und Reliefs aus Mamor und Leder sowie ein Keramik-Ensemble – sämtlich Werke, die in Auftrag gegeben worden waren, fielen der Zerstörung zum Opfer. Zwar wurde der Künstler in diesem Fall von der beabsichtigten Zerstörung in Kenntnis gesetzt und ihm auch ein Angebot zur Rücknahme seiner Skulpturen gemacht. Was Georg Engst allerdings ablehnte. In allen anderen Fällen wurde er jedoch nicht über die Vernichtung seiner Kunstwerke informiert. (Mit auszugsweisen Angaben aus der Dissertation von Dr. phil Gisela Tiedge). Etwas Tröstliches zum Schluss: Die große Leidenschaft des Bildhauers waren seine Einradfahrer, die er in vielen Variationen als Skulpturen und Plastiken in Bronze schuf. Dazu sein Kommentar: „Meine Einradfahrer zeigen den Balanceakt, den jeder Mensch ständig vollzieht.“
Gabriele David
12. September 2015