„Auf den Spuren des Malers Emil Nolde“ – Mit 19 Kunstfreunden unterwegs nach Dänemark

Auf dem Weg nach Alsen in der Auto-Kolonne
Auf dem Weg nach Alsen in der Auto-Kolonne

Wieder einmal hatte die Galeristin Angelika Dubber ihre Kunstfreunde um sich versammelt – diesmal jedoch nicht in ihrer Galerie Sarafand, sondern, um sie in die Welt eines großen Künstlers zu entführen: zu dem Maler Emil Nolde (+ 1956) – so umstritten wie gefeiert, so berühmt wie abgelehnt. Eine spannende Exkursion, die die Teilnehmer dieses zweitägigen Kurztripps da erwartete – auf vielen Gebieten. Und weil Angelika Dubber bekannt dafür ist, keine halben Sachen zu machen, hatte sie auch gleich einen Pakt mit Petrus geschlossen, damit das Wetter hielt, was es versprach: nämlich Sonne und azurblauen Himmel.

Krönender Reiseabschluss im Garten-Cafe
Krönender Reiseabschluss im Garten-Cafe

Denn das war auch nötig, weil sich das Ganze überwiegend in freier Natur abspielte. Frau Dubber hatte sich nämlich jemanden an die Seite gestellt, der den Lebensweg Noldes authentisch verfolgte und an dessen verschiedenen Wohnorten und Häusern auf der dänischen Insel Alsen festmachte. Der ehemalige Realschullehrer Claus Bärwald, seit 20 Jahren in Sachen Kunst und Kultur unterwegs, erwies sich schon bald als wandelndes Lexikon für alles, was das Leben des Malers und Menschen Emil Nolde ausmachte. Und so ging es denn auch unverdrossen über Stock und Stein, auf schmalen Pfaden und in tiefen Wäldern bis hinunter zum Meer – klaglos hingenommen von den Kunstfreunden, die ihrem „Führer“ Bärwald fasziniert lauschten. Vor allem dann, wenn er „vor Ort“ aus Noldes privaten Aufzeichnungen vorlas – zum Beispiel beim Picknick am Strand mit Blick auf die silbrig schimmernde Ostsee.

Emil Nolde - der Grandseigneur
Emil Nolde – der Grandseigneur

Die Teilnehmer in den sieben Autos, die „in Kolonne“ hinter Angelika Dubber und Claus Bärwald die einzelnen Orte von Noldes Schaffen aufgesucht hatten, konnten sich am Ende auch von der dänischen Lebensart überzeugen, als sie sich vor ihrer Heimfahrt auf höchst angenehme Weise in einem malerischen Garten-Café verwöhnen ließen: u.a. bei dänischer Schwarzbrottorte mit Johannisbeeren und Schlagsahne – und ausgesprochen freundlicher Bedienung! Ein krönender Abschluss nach dem vorherigen Besuch des „Bilder-Hauses“ mit Atelier in Seebüll und nach einem ausgezeichneten Film über das bewegte Leben des Malers.

Kleine Unterrichtsstunde mit Claus Bärwald am Ostseestrand
Kleine Unterrichtsstunde mit Claus Bärwald am Ostseestrand

Dass Emil Nolde nicht nur malen konnte, sondern auch schriftstellerische Qualitäten besaß, die schon fast ins Lyrische gingen, zeigte sich, wenn er seinen Alltag mit seiner hübschen jungen Frau, der dänischen Schauspielerin Ada Vilstrup, beschrieb. Die schönen und kreativen Momente ebenso wie die Zeiten bitterer Armut, die seine Frau ergeben mit ihm teilte. Stets sprach der Maler von „meiner geliebten Ada“, die nicht nur seine große Liebe und seine Muse war, sondern ihm vor allem ermöglichte, sein großes Talent ungehindert auszuleben, während sie sich um die kaufmännische Seite kümmerte. Aber sie litt auch, wenn ihrem Mann Unrecht widerfuhr oder seine Bilder von den Nationalsozialisten als entartete Kunst abgelehnt und sogar verboten wurden. Und man ihm obendrein auch noch striktes Malverbot erteilt wurde. Was er mit unzähligen Postkarten-Malereien heimlich umging.

Claus Bärwald zitiert aus Noldes Aufzeichnungen
Claus Bärwald zitiert aus Noldes Aufzeichnungen

Dabei war Emil Nolde (Claus Bärwald beschreibt ihn als einen „kulturellen Giganten seiner Zeit“) von Kindesbeinen ein Träumer, der schon damals die Wirkung des Lichts in den Wolken studierte und sich an der Gewalt üppiger Farben berauschte. Während sich seine Bilder anfangs noch durch alle Stilrichtungen der von ihm bewunderten Vorbilder wie van Gogh, Monet, Gauguin und Cézanne bewegten, mit den typischen getupften Pinselstrichen, die ein Ganzes ergaben, ergötzte Nolde sich später vor allem an der Leuchtkraft der Farben in Blumen und Pflanzen. Auch hatte es ihm das Meer angetan, die dunkle Gewalt der Wellen bei Sturm, aufgelöst durch lichtes Weiß, das auf den Wellen tanzte. Seine zehn Meeresbilder sind berühmt und der Beweis seiner künstlerischen Leistung, die übrigens kein Motiv ausließ wie seine wunderschönen Landschaftsaquarelle, Porträts und Bilder bäuerlichen Lebens.

Wer Emil Nolde ablehnt, weiß nichts über ihn. Denn er hat vielleicht auch nur die Bilder gesehen, deren aggressive Gestalten mit den maskenhaften Gesichtern teilweise aussehen wie von ungeschickter Kinderhand gemalt. Wer wollte sich so etwas schon ins Zimmer hängen? hieß es damals. Aber diese Kritiker vergaßen die Fülle und Vielfalt seines Gesamtwerks – insgesamt 1.300 Aquarelle und Ölgemälde! Von pastellfarbenen romantischen Motiven wie die eng Umschlungenen „Zwei am Meeresstrand“ bis zur „Kreuzigung“ oder „Adam und Eva“ nach dem Sündenfall.

Mehr als diese Collage durfte leider nicht fotografiert werden
Mehr als diese Collage durfte leider nicht fotografiert werden

Emil Nolde war keineswegs Autodidakt. Er absolvierte diverse Mal- und Kunstakademien im In- und Ausland. Als Mitglied der „Deutsch-Neu-Guinea-Expedition“ reiste er 1915 sogar über Moskau, Sibirien, Korea, Japan und China bis in die Südsee – auf den Spuren Gauguins. Ein Cosmopolit, der sämtliche Großstädte Europas bereist hatte, um sich dort immer wieder neu inspirieren zu lassen – oft finanziell unterstützt von Freunden aus der Schweiz und Frankreich. Auch die langjährige Herzkrankheit seiner Frau, die viele Kuraufenthalte im warmen Süden erforderte, kosteten viel Geld. Dass seine Bilder heute Millionen wert sind, hätte er sich in jenen Zeiten der Armut niemals träumen lassen! Als Ada 1946 nach 44 Ehejahren starb, widmete Nolde ihr ein Mausoleum in Seebüll, wo auch er 1956 beigesetzt wurde. Zwei Jahre nach Adas Tod hatte Nolde im hohen Alter noch einmal die schöne, blutjunge Jolanthe Erdmann geheiratet, die bis zu seinem Tod bei ihm blieb.
In Seebüll wurde die „Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde“ nach seinem Tod ins Leben gerufen und das „Bilder-Haus“ als Nolde-Museum der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

In diesem Gartenhäuschen malte Nolde seine Bilder
In diesem Gartenhäuschen malte Nolde seine Bilder

Erfüllt von so viel Kunst und Kultur und zugleich so viel menschlicher Tiefe waren die Besucher schwer beeindruckt. Für viele hatte sich ein ganz neues Bild dieses Künstlers abgezeichnet, eines, das einen starken und zugleich liebevollen Charakter zeigte, der trotz aller Hürden niemals aufgab und bis heute zu den ganz Großen zählt.

Gabriele David

17. Juni 2015

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