Spiegel-Journalist Dieter Bednarz: So fühlt man sich, wenn man ein Rentner-Ticket kauft

Ausnahmsweise einmal sitzend, aber immer mit vielen Gesten, las er aus einem Kapitel seines neuen Buches
Ausnahmsweise einmal sitzend, aber immer mit vielen Gesten, las er aus einem Kapitel seines neuen Buches

Der Verein BürgerAktiv Henstedt-Ulzburg e.V. plant in diesem Jahr einige Veranstaltungen zum Thema „Leben im Alter“. Zum Auftakt rezitierte der bekannte Journalist Dieter Bednarz aus seinem jüngst erschienenen Buch „Zu jung für alt – Vom Aufbruch in die Freiheit nach dem Arbeitsleben“. Es ist ein Werk über und für das Älterwerden. Bednarz war mehr als drei Jahrzehnte als Korrespondent des SPIEGEL im In- und Ausland tätig, diskutierte mit dem syrischen Herrscher Baschar al-Assad oder dem iranischen Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani und lebte in Kairo.

Jetzt nahm er die etwa 60 Gäste in der Kulturkate mit auf eine „Magical Mystery Tour“, wie er es nennt, ins Alter, aber „wir neuen Alten lassen uns nicht von irgendwem kutschieren oder irgendwohin verfrachten und so verspricht er sich in Würde eine „lovely time“ im Sinne der Beatles. In diesem Buch berichtet er von den Ratschlägen der Altersforscher bis zu Betroffenen, die anhand eines „roten Fadens“ zu einem sinnvollen Neuanfang geführt werden als „Anknüpfer“, „Nachholer“ oder „Weitermacher“ – allerdings erst nach dem Ablegen der „Trauerarbeit“.

Bednarz steht vor dem Publikum und schildert gestenreich von den immer weniger werdenden Berufskollegen, die den regulären Rentenbeginn erreichen. Auch er hatte Ängste, als ihm nach einem Gespräch bei dem neuen Chefredakteur bewusst wurde, dass das vorgeschlagene Vorruhestandsmodell des Verlags für ihn galt. Die zweite Lektion erteilte ihm seine Familie, seine Frau Esther, eine Rechtsanwältin, die ihm bei einem Aufenthalt in einem Ferienpark riet, ein Rentnerticket zu kaufen. „Ich, der für meine Familie mit drei weiblichen Teenagern der Drachentöter Siegfried war, wurde plötzlich als Senior stigmatisiert!“

Bei der Lösung dieser inneren Unsicherheiten halfen ihm renommierte Wissenschaftler und sogar der mit 33 Jahren in den Ruhestand gegangene Fußballweltmeister Philipp Lahm. Er gab ihm sieben Ratschläge wie „Irgendwann ist genug trainiert. Dann musst du raus auf den Platz, denn Du weißt, was du kannst. Ein Mehr an Identität entschädigt für ein Weniger an Geld und Bedeutung und überbrückt eine anfängliche Leere.“

Am Ende des interessanten Abends eröffnet Bednarz für sich ein neues Spiel „Los geht’s! Wir sind ja noch jung. Jedenfalls zu jung für alt!“ und signierte freudestrahlend seine Bücher. Dabei betont er, dass er auch an anderen Stellen als dem Nahen Osten eine Aufgabe sieht und sogar „gerne in der kleinen Kulturkate in Henstedt-Ulzburg“.

eli

30. Januar 2019

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