Paukenschlag – Rewe will Konzernzentrale nach Henstedt-Ulzburg verlegen

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Nach dem zähen Ringen um die Ansiedlung des geplanten Großlogistiklagers in Henstedt-Ulzburgs nördlichsten Gewerbegebiet schlug die Nachricht im Rathaus wie eine Bombe ein: Der Handelsriese Rewe will seinen Kölner Konzernsitz aufgeben und nach Henstedt-Ulzburg verlagern.

Wie aus gut unterrichteten Kreisen bekannt wurde, fiel die Entscheidung bereits im Dezember, als Trainer Peter Stöger den vom Abstieg bedrohten 1. FC Köln verließ. Durch den Wechsel nach Dortmund verbesserte sich Stöger deutlich: bessere Spieler, internationales Geschäft, professionelles Management, mehr Geld. Das wollten die Rewe-Bosse auch und machten sich auf die Suche nach einem ähnlich gestalteten Umfeld. Ohne große Umschweife fiel schnell das Auge auf Henstedt-Ulzburg. Ist dort der rote Teppich schließlich schon ausgerollt. Er muss nur noch betreten werden.

Planerisch hat man auch bereits konkrete Vorstellungen: Die Parkplätze auf dem 30 Hektar großen Gelände am Autobahnzubringer werden kurzerhand in eine riesige Tiefgarage verlegt. Obendrüber entsteht dann der geplante Hallenbau und die Konzernzentrale in Form einer Banane.

Goldgräberstimmung herrscht nun im Rathaus. So errechnete Bürgermeister Stefan Bauer anhand vorliegender Zahlen  die zukünftige Gewerbesteuer des Einzelhandelsriesen: „Da bleibt jedes Jahr ein zweistelliger Millionenbetrag für uns hängen“, teilte der von der Nachricht völlig überrumpelte Rathaus-Boss den Henstedt-Ulzburger Nachrichten am Telefon mit. Obendrein sieht Bauer noch einen enormen Boom-Faktor für die ganze Region. „Man denke nur an die Synergieeffekte, die sich daraus ergeben!“

Beflügelt vom kommunalen Geldsegen, hat der Verwaltungschef kurzerhand einen runden Tisch anberaumt und neben der Stadt Norderstedt und dem Kreis Segeberg auch die umliegenden Gemeinden eingeladen. Thema: Kauf der Henstedt-Rhener Paracelsus-Klinik und anschließende gemeinsame Nutzung und Bewirtschaftung. Bauer schwebt vor, dort in Form eines Eigenbetriebes zukünftig eine Poliklinik zu betreiben. Unter vorgehaltener Hand gibt Bauer jedoch zu verstehen, dass er sich vorstellen kann, im Zweifelsfall auch einen alleinigen ’strategischen Kauf‘ des Hospitals durchzuführen.

Auch Henstedt-Ulzburgs politisches Spektrum lässt mit solchen Zahlen im Rücken seinen Ideen freien Lauf:

So sieht WHU-Vize Verena Grützbach den unerwarteten Geldsegen gut investiert, indem alle innerörtlichen Freiflächen durch die Gemeinde aufgekauft werden. Diese könnte man nach den Vorstellungen Grützbachs als Klimawälder aufforsten und mit Blühstreifen begrenzen.

Doris Dosdahl von der BFB möchte flächendeckend 24-Stunden-Kitas einführen, sowie Hortbetreuung auf das Wochenende ausdehnen. Weiterhin sollen ihren Vorstellungen nach alle Schulen in Henstedt-Ulzburg mit einem Offenen Ganztagsschulangebot bis in die späten Abendstunden ausgestattet werden.

Die FDP zeigt sich mit ihren Wünschen hingegen eher moderat. Zunächst sieht man dort die Rewe-Steuern erst einmal gut in der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge investiert. Dennoch hat man sich wohl innerparteilich schon dazu durchgerungen, einen Antrag zu stellen, wonach die Verwaltung prüfen soll, sämtliche Kreuzungen auf der Hamburger Straße mit Kreisverkehren auszustatten.

SPD-Urgestein Horst Ostwald überlegt, die Reihenhäuser im Beckersbergring von der SOKA-Bau zu erwerben. Seinen Vorstellungen nach, sollen dann dort nur drei der dreizehn Reihenhausblöcke abgerissen werden, um diese durch Sozialwohnungsbau nach dem Kieler Modell zu ersetzen. Die verbleibenden Reihenhäuser sollen modernisiert und als sogenannter ‚bezahlbarer Wohnraum‘ weiterhin vermietet werden.

Ähnlich wie Ostwald sieht es Michael Meschede von der CDU: Auch er sähe gern die ortsmittig gelegene Reihenhaussiedlung in Gemeindehand.  Meschede möchte dabei allerdings die Pläne der SOKA-BAU übernehmen und sogar auf 450 Wohneinheiten erweitern. Der CDU-Parteichef will dort aber keinen sozialen Wohnungsbau. Schließlich bräuchten die vielen zukünftigen gut verdienenden Rewe-Mitarbeiter ausreichend Wohnraum in der Nähe ihres Arbeitsplatzes. Den sieht Meschede durch sozialen Wohnungsbau blockiert.

Aber auch außerpolitisch kommen Ideen auf:

So bekam Handball-Boss Wulf Winterhoff gleich große Augen, als ihn die Nachricht vom zukünftigen Steuerfüllhorn erreichte: „Wahnsinn! Da könnte die Gemeinde doch die Beckersbergwiesen kaufen, um dort eine neue Sporthalle zu bauen. Ach was sag ich: gleich zwei!“ Noch besser fände er es allerdings, wenn die Gemeinde das CCU kaufen würde. „Dort ein sportliches Zentrum mit SVHU-Geschäftsstelle, einem Sportartikelgeschäft, Finessbereich und allem was dort noch Platz findet, wäre ein Traum“, so Winterhoff. In den Räumlichkeiten von CCU-Ankermieter Kaufland schwebt dem Handballbegeisterten eine moderne Sport- und Veranstaltungshalle vor, die auch alle Ansprüche erfüllt, um dort Handballspiele mit 1.-Bundesliga-Charakter stattfinden zu lassen.

Henstedt-Ulzburgs Fahrradguru Jens Daberkow sieht für seine Vorstellungen von einer Gemeinde, die per Fahrrad unterwegs ist, jetzt die Tür weit offen. Sternförmig angelegte und zehn Meter breite Fahrradschnellwege, die alle Ortsteile miteinander verbinden, sowie kostenfreie Leihräder für alle schweben ihm vor.

Wahre Luftsprünge machte Oberfeuerwehrmann Jan Knoll. Er möchte den Fuhrpark der Freiwilligen Feuerwehr um einen Transport- und Löschhubschrauber erweitern. Mit diesem sollen die Feuerwehrleute noch schneller an die jeweiligen Einsatzorte gelangen. Gleichzeitig kann eine zielgerichtete Brandbekämpfung aus der Luft vorgenommen werden. „Die Zeitersparnis wäre kollossal“, so Knoll.

Aber auch eine Bürgerinitiative stockte mit Blick auf die FDP-Vorstellungen sogleich ihre Forderungen auf: Die Anwohner der Wilstedter Straße schlagen für Sanierung und Neuanlage ein Zwei-Wege-System vor. Sie möchten den Durchgangsverkehr, sowie den Verkehr von und zur Paracelsus-Klinik über eine zusätzliche unterirdisch geführte Straße leiten. Der oberirdische Teil der Wilstedter Straße soll nur dem Anliegerverkehr über ein Schrankensystem zur Verfügung stehen.

Nur einer ist alles andere als erfreut über den Zuwachs im Gewerbegebiet: Rewe-Ansiedlungsgegner Benno Colmorgen. Er ist stinksauer und meint: „Jetzt haben die unsere Gemeinde endgültig gekauft!“ Seiner Befürchtung nach wird man dann den innerörtlichen Verkehr komplett einstellen können. „Es rollt ja schließlich alles nur noch von und zu Rewe“, so der Allgemeinmediziner entrüstet.

Entkräften konnte Colmorgens Befürchtung allerdings Bürgermeister Stefan Bauer. Ihm wurde von Rewe-Seite erklärt, dass die neue Konzernzentrale kaum zusätzlichen Verkehr für Henstedt-Ulzburg generieren wird. Es sei geplant, alle Arbeitsplätze mit einer sogenannten Home-Office-Option auszustatten. Das heißt, jeder Mitarbeiter kann per PC von zu Hause arbeiten. Zeitraubende Arbeitswege fallen somit weg. Der von Colmorgens Skepsis leicht angesäuerte Bauer: „Mehr Straßenverkehr wird es nicht geben!“

Gernot Willsch

  1. April 2018

10 thoughts on "Paukenschlag – Rewe will Konzernzentrale nach Henstedt-Ulzburg verlegen"

  1. Erst mal abwarten. nicht schon das Bärenfell teilen, bevor der Bär erlegt ist. Konzerne machen nichts umsonst, da steckt immer der Gedanke an Profit hinter. Also mal sehen was kommt und die Gier abschalten.

  2. Ein sehr schöner Artikel. Meiner Meinung nach gibt dieser Artikel genau das wieder, was hier seit Monaten immer zu lesen ist. Ich habe mich gut amüsiert. Vielen Dank dafür.

  3. Das Nachsehen aber hat eine namhafte US-Investmentgruppe. Nur Herr Meschede als anerkannter Fachmann in Gewerbefragen wurde über seine guten Kanäle zu den Banken vertraulich informiert dank seiner vielschichtigen Kontakte zur Bundespolitik und zur Wirtschaft.
    Aber diskretes Agieren ist ihm ein persönliches Anliegen.
    Die alten Pläne des Feldflughafens Kaltenkirchen-Moorkaten aus den 4o-iger Jahren mit den Straßen in HU so wie heute noch vereinzelt zu sehen wurden bei Sichtung der zahlreichen Gutachten im Rathaus-Archiv dank kriminalistischen Spürsinn des unvermüdlichen Teams von Bgm. Bauer entdeckt. Ein Regionalflughafen sollte nun doch dort entstehen.
    Geplant war auf dem Logistik-Gelände eine große Klinik für den gesamten Raum Süd-Schleswig-Holstein. Das Gelände der Paracelcus-Klinik auf dem Rhen wird für den sozialen Wohnungsbau genutzt. Anschluß zur S-H-Straße gibt es ja schon. Die Anwohner der Wilstedter Straße sind hocherfreut – es wird zur Spielstraße umfunktoniert.
    Die reichen Araber besuchen dann per Privatjet die neue Super-Klinik über den neuen Flughafen Moorkaten per direkter Anreise. Das UKE platzt aus den Nähten und kann sich nicht mehr ausdehnen. Die Hamburger Polizei ist hocherfreut, weil sie für die Anreisenden kein Sicherheitspersonal oder Eskorte mehr stehllen muss. Es entfallen viele Zusatzdienste. Für Gäste und Begleiter wird ein 6-Sterne-Hotel, ähnlich wie das neue Fontenay-Hotel von Michael Kühne in Hamburgt an der Alster errichtet. Das Gelände bekommt neben dem Hotel auch eine eigene Moschee zur Freude der hiesigen Flüchtlinge. Bekanntlich sind auch die begleitenden Haremsdamen imme sehr zahlreich samt Sicherheitspersonal und an Luxus und heimatliche Sitten und Bräuche gewöhnt. Sie sollen sich wie zu Hause fühlen.
    Die Bewohner von Hamburg-Nord, Quickborn, Hasloh, Bönningstedt und andere Gemeinden sind über die Reduzierung des Fluglärms, besonders in den späten Abendstunden hocherfreut.
    Der Klinikteil „Arabia“ wird aber streng gesichert und ist nicht für die Bevölkerung zugängig.
    Wie man die Bürger von gewissen Dingen fernhält – dafür gibt es hier genügend Erfahrungen.
    Ansonsten stehen zahlreiche Abteilungen in der neuen Klinik den Bewohnern der Region zur Verfügung. Auch die örtlichen Ärzte bekommen dort Räumlichkeiten, damit die Wege zu den OPs kurz gehalten werden. Die Eltern mit dem Nachwuchs müssen also nicht ihren ‚SUV nutzen um die Fachärzte in der Nachbarschaft, insbesdondere Norderstedt zu besuchen. Das entlastet den individuellen Verkehr hier im Ort. Das ist moderne Stauvermeidung a la FDP.
    Auf dem Gelände entstehen aus Verkerhswege mit Kreisverkehr. Herr Jens Müller hat dort schon einen Fachmann dafür im Auge, genau wie für einen autonomen Kleinbusverkehr auf dem Gelände für die Patienten und Besucher.
    Klinik und Hotal lassen die Steuerkassen in HU laut klingeln. Das Defizit im Haushalt wird schneller verschwinden als gedacht.
    Mit den Überschüssen wird die Vereinswelt kräftig unterstüzt.
    Die sehr vermögenden Clans haben dann nur einen kurzen Weg vom kleinem Flughafen Kaki bis zur Klinik. Ein Teil des Geländes wird allerdings für die Bevölkerung nicht zugänglich sein aus Sicherheitsgründen. Aus russische Oligarchen könnten dezent an- und abreisen.

  4. Na ja, ist schon schade, das wir als BI jetzt nichts mehr zum Meckern haben.
    Hat sich für mich persönlich aber ausgezahlt, da Herr BGM Bauer mir unter 4 Augen den Chefarztposten der Klinik zugesagt hat. Da hat sich unser Kampf für eine moderate Ortsentwicklung doch noch gelohnt!

      1. Hallo Herr Blau ! Nö, schliesen nicht sondern neues Betreiberschild mit geändertem Konzept. Die „Para“ hieß früher mal Nordlandklinik.
        Seltsam, aus dem Kreistag als auch im Landtag, wo wir ja auch vertreten sind mit Bürgern aus der Gemeinde hört und liest man keine Bemerkungen oder Nachrichten. Was sagen denn unsere örtlichen polit. Vertreter aus diesen Gremien oder besser was machen sie ? Offensichtlich nichts.
        Schließlich hat ja einst der Kreistag der Privatisierung der Krankenhäuser zugestimmt ohne daran zu denken, was private Betreiber wollen: Profite, nichts anderes.
        Und nun stehen auf dem Gelände in Kaki Reihenhäuser, die (lt. Herrn Holowaty) ja wie geschnitten Brot weggehen……auch in Kaki.

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