Fehlendes Kita-Personal – Bauer: “Wir haben die Situation auszuhalten, wie sie ist!“

Kidergarten Kranichstraße
Kindergarten Kranichstraße

Die jüngste Sitzung des Kinder- und Jugendausschusses war von Ratlosigkeit geprägt. Nachdem bereits der überraschende Rückzug des norwegischen Kita-Betreiber ULNA Sorgenfalten hinterließ, kann die Verwaltung auch bei der Personalakquise nach wie vor keinen Silberstreif am Horizont ausmachen.

Aktuell sind allein für den Bestand an fünf gemeindlichen Kitas sechs Stellen ausgeschrieben. Weitere drei Erzieherinnen werden für die Einrichtung Kranichstraße gesucht. Dort wird zurzeit umgebaut, so dass im September eine neue Ganztagsgruppe für 3-6jährige Kinder an den Start gehen kann. Eine Platzvergabe konnte jedoch bisher noch nicht erfolgen, da die Personalsuche bisher erfolglos verlief.

So dürften auch die in der Vergangenheit immer wieder diskutierten Containerlösungen zur Begegnung der erhöhten Nachfrage nach Betreuungsplätzen in Henstedt-Ulzburg vorerst vom Tisch sein: Auf die damit verbundenen befristeten Erzieherinnenstellen bestünde z.Zt. ohnehin kaum Aussicht auf Besetzung, schätzte Bürgermeister Stefan Bauer die Situation ein.

Der Verwaltungschef verwies dabei mit Blick auf andere Kommunen, dass auch diese die gleichen Sorgen haben. Besonders der ländliche Bereich sei stark gebeutelt. Sein Fazit dazu:“ Wir haben die Situation auszuhalten, wie sie ist.“

Sich kampflos der Situation ergeben, wollten allerdings die anwesenden Politikerinnen und Politikern nicht. Sie empfahlen der Verwaltung über die bisherigen Bemühungen um Kita-Personal hinaus, offensiv an sozialpädagogischen Fachschulen zu werben. Jan Schüller-Iwersen (WHU) vermisst auch den „Pep“ in den Stellenanzeigen. Er empfahl, diese zumindest weniger bürokratisch, dafür verständlicher und auch ansprechender zu gestalten. Gemeinderatsmitglied Leo Schäfer (CDU) sagte, dass man nichts unversucht lassen, und sich auch an Personaldienstleister wenden sollte.

Da das neue Kindergartenjahr unmittelbar vor der Tür steht, wird für viele Mütter und Väter die Unterbringung ihrer Kinder zur Belastungsprobe. Brauchen sie doch dringend verbindliche Zusagen, um nach beendeter Elternzeit ins Berufsleben zurückkehren zu können.

Bereits 2014, ein Jahr nach Einführung des Rechtsanspruchs auf ein staatlich gefördertes Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren, fehlten bundesweit laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung ca. 120.000 Erzieherinnen. Nun, drei Jahre später, verrät der Blick auf die Uhr: Es ist immer noch fünf vor zwölf in den Kitas.

Gernot Willsch

18. Juli 2017

9 thoughts on "Fehlendes Kita-Personal – Bauer: “Wir haben die Situation auszuhalten, wie sie ist!“"

  1. Kenne ein paar junge Menschen, die sich pädagogisch zum Erzieher ausbilden lassen. Das ist während der Ausbildungszeit relativ kostspielig, weil die Berufsschulzeit nicht vergütet wird – dummerweise macht diese Zeit einen großen Teil der Ausbildung aus. Da muss man sich dann schon berufen fühlen, diesen Weg zu gehen. Ähnlich motiviert muss man sein, wenn man andere soziale Jobs als persönliche Berufung sieht.
    Worauf wartet unser Staat, und damit unsere Gesellschaft inkl. Politik, eigentlich? Bis die Handlungsunfähigkeit erreicht ist? Es gibt im Ausland (z. B. Skandinavien) teilweise seit Jahren erprobte Beispiele, wie man die Situation entschärfen kann. Es muss sich doch unbestreitbar etwas ändern! Wer nichts oder zu spät ändert, hat hinterher wieder die schlechtesten Karten.
    Stattdessen werden bei uns am Verhandlungstisch verkrustete Positionen verteidigt. Mit dem Bewusstsein der eigenen Position, gerade wegen des fehlenden Potenzials an Erziehern, würde ich mich als Beschäftigter der örtlichen Kitas mit der Chance der AöR in konzeptionelle Forderungen begeben, die meiner Position auf dem Arbeitsmarkt gerecht werden. Ob dazu die „Glucke“ Verwaltung HU gehört … ? Nee, lieber abtrennen, Dynamik reinbringen, zügig gute Konzepte durch Adaption guter Beispiele erstellen, und dann rein in die Zukunft.
    Die genannten Wortmeldungen aus der letzten Sitzung des Ausschusses („Ist halt so“ / „Attraktivere Stellenanzeigen“) sind jedenfalls, und das versichere ich zu 100%, die falsche Haltung und führen in die Handlungsstarre.

    1. Hallo Herr Blau,

      genau die Gedanken hatte ich auch. In meinem Kopf (keine Ahnung ob zu recht) ordne ich die eher resignierte Haltung „wir haben das auszuhalten“ der Verwaltung zu, die die Kitas nach Willen des Bürgerbegehren weiter führen soll.
      Vielleicht ist die Haltung nicht komplett unrealistisch, aber definitiv kann man Situationen nur ändern, wenn man es versucht.

      Dazu zählt dann auch eine AöR, die natürlich nicht besser werden muss aber das Potenzial hat, andere Wege zu sehen und zu gehen, weil sie sich um nichts anderes als die Kitas kümmern wird. Wie der Spatz in der Hand aussieht wissen wir ja schon…

      C. Rothe

  2. Den Rechtsanspruch für 1-3-jährige gibt es aber die Durchsetzung gegenüber der Gemeinde dürfte schwierig werden, da ein schuldhaftes Handeln nachgewiesen werden muss. Wenn nun kein fachlich qualifiziertes Personal trotz intensiver Suche gefunden wird, dann hat der BM mit seiner Aussage schon Recht. Für den Ausstieg von ULNA und die fehlende Kita am Schäferkampsweg kann vermutlich auch keiner der handelten Personen etwas und schon schauen alle Eltern und die Kinder die einen Kitaplatz brauchen dumm aus der Wäsche. Die Tagesmütter sind in der Regel auch bis August 18 dicht, so dass auch hier nur die Hoffnung über eine Warteliste besteht. Die anderen Kommunen blocken die Plätze für ihre eigenen Einwohner, so dass auch hier die Gemeinde keine Angst haben muss große Ausgleichsbeträge zahlen zu müssen. Also von dem her alles easy für den BM und die Verwaltung. Was nicht da ist, kann auch nicht verteilt werden. Jetzt frage ich mich aber doch wie der BM auf die Aussage „Wir haben die Situation auszuhalten, wie sie ist!“ kommt. Richtig ist doch „Ihr habt die Situation auszuhalten, wie sie ist!“ Quo Vadis kinderfreundliches Henstedt-Ulzburg.

    1. Die Frage (wenn jemand rein aus Prinzip mal über alle Instanzen durchklagt) wäre dann, wo „schuldhaft“ aufhört. Reicht die uninspirierte 08/15-Stellenausschreibung aus, weil alle Gemeinden so agieren und diesen niedrigen Standard so gesamthaft erst bilden? Oder ist relevant, was überhaupt möglich ist? Dann sollte man in die Hufe kommen…

      In der Rathausvorlage „Rewe-Auja“ (das Aktenzeichen kann nachschlagen wer möchte 😉) war ein Argument dafür: Besseres Image.
      Müsste man dann bei der Kita-Versorgung nicht erst recht Vollgas geben, statt nur ein Feigenblatt zu generieren? Wenn unstrittig alle Richtung Kita-AöR gehen würden, wäre meine Erwartung, das man dies dem künftigen AöR-Manager ins Stammbuch schreibt. Wer aber die AöR torpediert und weitermachen will wie gehabt, sollte schon zeigen können, das man das Thema direkt aus den bestehenden Strukturen heraus professionalisieren kann. VOR einem Bürgerentscheid! Denn sonst erkennt jeder: Beim Eigenbetrieb sehen wir heute schon, was wir künftig bekommen…😦
      Und sucht sein Heil bei der AöR, wo auch ich mein Kreuz machen werde. Wobei frühestens meine Tochter wieder einen Kira-Platz bräuchte(in ca. 20-25 Jahren). Aber an der Wahlurne hat man ja das große Ganze im Blick.

  3. Dann muss die Gemeinde mal was einfallen lassen und neue Wege gehen. Wie wäre es denn mit einer dualen Ausbildung wie es viele Betriebe machen. Also Einstellung und Ausbildung in einem Anstellungsverhältnis. Oder ist so etwas für Bürokraten zu kompliziert? Es drängt sich der9Verdacht auf das man die Situation gar nicht ändern will.Aus welchem Gründen auch immer.

    1. Duale Ausbildung geht, man muß es nur wollen:
      .
      http://www.chance-quereinstieg.de/quereinstiegsmoeglichkeiten/schleswig-holstein/
      .
      Das bedarf natürlich einer fachlich qualifizierten Leitung, übergeordnet über alle gemeindlichen Kitas. Sowohl pädagogisch als auch betriebswirtschaftlich eigenständig, um „flexibel, zeitnah“ agieren zu können
      Attraktiver würde das dann mit Zusatzangeboten, wie ProfiCard, echte Hilfe bei Wohnungsbeschaffung, Hilfen bei Mieten während der Ausbildung usw. Möglichst „verbilligtes“ Kita-Angebot für eigene Kinder. Im Gegenzug vertragliche „Arbeitsplatzbindung“ für xx Jahre nach erfolgreicher Ausbildung.

      Dürfte ja kein Problem in einer Gemeinde sein, die mal so eben sechs Millionen für ein Gewerbegebiet, für das es noch keinen Bauplan gibt, aus dem Ärmel schütteln konnte….

    2. Ja… „ist zu leisten“…“wird geboten“…“…Bewerbung…zu richten an…“… ist zwar nicht unübliches Stellenausschreibungssprech, aber strenggenommen schreibt ja eine Erzieherin ihre Mitarbeit in einer Kita aus. Die Gemeinde bewirbt sich bei der Berufsgruppe! Der Oldschoolstyle aus dem letzten Jahrhundert geht also davon aus, das der Schwanz mit dem Hund wackelt…

      In einschlägigen Jobportalen ist das nicht mal zu finden:
      https://www.monster.de/jobs/suche/?q=Erzieher-Kindertagesst__C3__A4tte&where=Henstedt__2DUlzburg__2C-Schleswig__2DHolstein&cy=DE&rad=20&intcid=swoop_HeroSearch_DE
      oder
      https://www.stepstone.de/m/?event=ResultList&loc=0%7C0%7C0%7C0%7C0%7C0&aswhat=true&s=MobileWebSearchHomepage&suid=94302ef9-b33a-437b-8c20-40c8c5b42cb8&wt=Erzieher%2Fin&we=Henstedt-Ulzburg
      bringen bestenfalls mal was aus Norderstedt zutage. Auf der Gemeinde-Website muss man regelrecht danach forschen…erst gaaanz unten, in der Linkwolke „Rathaus“ findet sich der Link „Stellenausschreibungen“ (graue Schrift auf hellgrauem Hintergrund).
      Gebe ich im Suchfeld ERZIEHER ein, wird immerhin was gefunden; leider hat der oberste Fund trotz 100% Relevanz keinen Sinn: Seite nicht gefunden (beim draufklicken). Erledigte Stellenanzeigen sollte man sowohl ausblenden als auch aus dem Suchindex bereinigen.

      So wird das schon rein von der Kommunikation nix. Der Job in Henstedt-Ulzburg würde schnell „viral gehen“ (sich rumsprechen), wenn wir anbieten würden: Henstedt-Ulzburg zahlt das doppelte! Wenn das nicht drin ist: Employer Branding lernen! Das wäre allein dafür wichtig, sich von konkurrierenden Arbeitgebern positiv abzusetzen, selbst wenn die Stellenvakanz bereits professionell bei den AdressatInnen bekannt gemacht würde.

      Das rückt exemplarisch ins Licht, warum das Kita-AöR-Vorhaben sinnvoll ist. Denn für andere Stellen der Gemeinde (wo sich noch mehrere Leute Pro Stellenausschreibung bewerben, weil die Stellen knapper als die Bewerber sind) wäre das ja gar nicht erforderlich. Eine eigene Organisationseinheit kann dies bedarfsgerecht adressieren.

      1. Ich glaube, diese Nachhilfe in Professionalität konnte das Rathaus gut gebrauchen. Woanders muß man teure Beratergebühren zahlen, hier bekommt man es von Gemeindemitgliedern kostenlos. Hoffentlich nimmt es sich jemand auch zu Herzen.

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