Einwohnerwachstum lässt Abwassergebühren steigen

Ingenieur Matthias Dähn stellte im Ratssaal das Schmutzwasser-Kapazitätsgutachten vor
Ingenieur Matthias Dähn (stehend) stellte im Ratssaal das Schmutzwasser-Kapazitätsgutachten vor

Das Knacken der 30.000-Einwohner-Marke gibt es nicht zum Nulltarif. Der Umwelt- und Planungsausschuss hat am vergangenen Montag einstimmig beschlossen, das sogenannte ‚Pumpwerk Bauernkoppel‘ für 716.000 Euro zu ertüchtigen. Unter anderem soll eine neue Druckrohrleitung gebaut werden. Das Rhener Pumpwerk ist für das gesamte Rhener Schmutzwasser sowie für einen kleinen Teil von Norderstedt zuständig.

Der Beschluss wird nicht ohne finanzielle Konsequenzen für die Bürger der Großgemeinde bleiben. Aufgund der finanziellen Größenordnung der Baumaßnahme werden sich die Abwassergebühren erhöhen, kündigte Bauamtsleiter Jörn Mohr an. Die Eigentümerfamilie des Wagenhuber-Geländes soll sich mit knapp 7 Prozent an den Kosten der Wasserbau-Aktion beteiligen.

Das Pumpwerk war wegen der geplanten Bebauung an der Schleswig-Holstein-Straße begutachtet worden. Herausgekommen ist, dass  die Kapazitätsgrenzen schon jetzt in Spitzenzeiten überschritten werden und eine Wohnbebauung auf dem Betonsteinwerk-Gelände in jedem Fall eine Abwasser-Kapazitätserweiterung notwendig macht.

Auf dem Wagenhuber-Areal an der Schleswig-Holstein-Straße sollen Wohnblocks und Reihenhäuser für mehrere hundert Menschen entstehen, ein Bebauungsplanverfahren dafür war im September 2015 mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP beschlossen worden.

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  1. Juli 2016

11 thoughts on "Einwohnerwachstum lässt Abwassergebühren steigen"

  1. Der Beitrag von Frau Honerlah ist beachtenswert und die angesprochene Problematik zieht sich durch alle Bereiche der öffentlichen Infrastruktur (Versorgung mit Wasser, Strom, Gas, Kitas, Schulen, Feuerwehr, Transport und Mobilität, Abwasser usw.).

    Der Wiederbeschaffungswert aller öffentlichen Netze (z.B. Straßen, Schienen, Stromleitungen, Telekommunikation, Wasser, Abwasser, Gas etc.) beträgt in Deutschland schätzungsweise rund 1.500 Mrd. Euro, von denen der größte Betrag (ca. ein Drittel!) auf die Abwasserentsorgung entfällt. Diese immense Summe steht im krassen Gegensatz zu der geringen Aufmerksamkeit, die das Thema in der öffentlichen Diskussion einnimmt, denn das Thema ist überhaupt nicht sexy. Abwasser ist eklig und stinkt und weil die Leitungen verbuddelt werden, kann man das alles sowieso nicht sehen. Aus dem Auge aus dem Sinn. Bis die Abwasser-Rechnung kommt.

    Falsch ist die Behauptung man könne Abwasser nicht speichern. Wikipedia schreibt: „Als Fäulnis wird … die bei Sauerstoffmangel ablaufende Zersetzung biotischer Stoffe durch Mikroorganismen bezeichnet.“ Das Zauberwort lautet „Sauerstoffmangel“. Wenn man Luft von unten durch das Abwasser perlen lässt, wie man es z.B. im Eingangsbereich des Klärwerks Hetlingen macht, kann man Abwasser durchaus speichern.

    Auch das zweite Gegenargument, wonach der geringere Wasserverbrauch durch höhere Einwohnerzahlen wieder wettgemacht wird, greift in unserem Fall nicht. Die Berechnungen (132 liter x 6.433 Einwohner) berücksichtigen bereits jene 1.240 Einwohner die noch gar nicht da sind.

    Neueste Zahlen gehen übrigens von 123 liter Frischwasser/Einw. aus, wobei 4% (=5 liter) im Garten versickern. Der Abwasserzweckverband spricht deshalb auf seiner Internetseite auch von 120 liter/Einwohner. Das aber sind 10% weniger. So entstand bei mir der Anfangsverdacht, dass die Menge des Abwassers in dem unübersichtlichen und für Laien schwer verständlichen Zahlenwerk künstlich hochgerechnet wird.

    Was würde es ungefähr kosten 1.000 Kubikmeter Abwasser vor dem Pumpwerk Bauernkoppel zu speichern? Wie viele Kubikmeter müsste man überhaupt speichern?

    Was passiert in dem 200 km langen Sielnetz des Abwasserzweckverbands Südholstein, wenn noch mehr Gemeinden ihre Abwasserspitzen noch schneller in das gemeinsame Hauptsiel kippen?

    Auf der Grundlage welcher FAKTEN hat der Planungs- und Umweltausschuss dem 716.250,- Euro teuren Projekt seinen Segen erteilt? (Fakten sind gemessene Werte und NICHT: vage Schätzungen, übertriebene Annahmen oder standardisierte Berechnungen.)

    Welche Daten benötigt der Haupt-Ausschuss für eine sachgerechte Entscheidung im September?

    Sollte der freche Zwischenrufer vom 18.7.2016 im Umwelt- und Planungsausschuss („DAS Geld landet schon mal nicht beim Radverkehr!“) am Ende Recht behalten?

  2. Hallo liebe Gemeinde,
    mir ist noch unklar, warum wir die 30.000 Einwohner Marke knacken müssen/wollen.
    Scheinbar geht man davon aus, wie hier schon geschrieben wurde, dass mehr Einwohner auch mehr notwendige Einnahmen zur Folge haben werden. Das erscheint ja auf den 1. Blick auch logisch, jedoch sind auch erhebliche Kosten für die Infrastruktur nötig. Gibt es da eig. eine belastbare Berechnungsgrundlage, bei welcher Einwohnerzahl sich die Einnahmen und Kosten in einem günstigen Verhältnis bewegen? Ich kann mich noch an die Zeit von vor dem Rathausneubau erinnern, damals war unsere Gemeinde, als eine von weinigen im Land, nahezu schuldenfrei, aber H-U hatte auch kaum 20.000 Einwohner. Für mich erscheint es daher eher so, dass mehr Einwohner gleich mehr Kosten bedeuten. Wir scheinen also zunehmend in eine Kostenfalle zu rennen. Als Ausgleich bleibt letztendlich nur eine Steuer- und Abgabenerhöhung, das sollte allen hier bewusst sein. Man sollte also nicht nur die Kapazität unserer Schmutzwasserkanäle berücksichtigen sondern mal grundsätzlich über die wirtschaftliche Zukunft unserer Gemeinde nachdenken. Ich sehe da eine großen Bedarf, bevor uns die Kosten über den Kopf wachsen.

    1. “ … jedoch sind auch erhebliche Kosten für die Infrastruktur nötig. Gibt es da eig. eine belastbare Berechnungsgrundlage, bei welcher Einwohnerzahl sich die Einnahmen und Kosten in einem günstigen Verhältnis bewegen? … “ Sorry, aber ich behaupte mal, das hat bisher all die Jahre auch niemanden interessiert.

    2. Natürlich müssen wir die 30.000er Marke nicht knacken, aber HU liegt wie wir alle wissen in einer Wachstums- und Zuzugsregion. Die Zuwachsraten sind bei uns allerdings seit Jahren sehr schwach.Wie stark die Kosten des Wachstums jedoch sein können, wurde gerade in den letzten Wochen den Politikerinnen und Politikern in Quickborn verdeutlicht. Mehrere Neubaugebiete wurden wohl auf Eis gelegt, weil eine Untersuchung den Handelnden zeigte, wie stark der Bedarf an zusätzlichen Krippen-, Kita-Plätzen und Schulausbauten – temporär – sein wird. Denn ein Bevölkerungsrückgang, mindestens aber eine deutliche Veränderung der Altersstruktur, wird auch im Speckgürtel Hamburgs feststellbar sein. Nun gilt es intelligent zu handeln: 1. Zuzug so planen, dass soziale Infrastruktur nur in dem Maß geschaffen wird, dass nicht schon nach kurzer Zeit die teuren Einrichtungen nicht mehr ausgelastet sind. 2.Technische Infrastruktur (Straßen, Beleuchtung, Gas-, Wasser-, Abwasserleitungen) möglichst kostensparend schaffen, nicht also Einfamilienhaussiedlungen mit langen Wegen und wenig Nutzern……
      3. K.O.-Kriterien erkennen und beachten: Kommunen mit z.B. verkehrsproblematische Verhältnissen sollten keine Problemverstärker ansiedeln.

      Eine allgemein gültige Rechung für den Mehrgewinn oder die Mehrkosten pro Einwohner existiert nicht für alle Ansiedlungssituationen, namhafte Lehrende sprechen allerdings von einem Nullsummenspiel, maximal von einem Profit von 300 € pro Einwohner nach 10 Jahren. Als Motor wird vielfach das Nachkriegsdenken und -streben nach Wachstum ohne Reflexion angeführt.
      Die WHU propagiert schon seit langem, sich mit den Folgen des Wachstums auseinander zu setzen. Wir haben zahlreiche Fortbildungen zu diesem Thema besucht und erwarten auch von unserer Verwaltung diesbezüglich mehr Wissen und Professionalität.

    3. Das wäre ein Verfahren, das etwa in der Materialwirtschaft „Brot&Butter“ ist: Aus N Stück Produktionsplan-Sollmenge die Stückliste daraus ableiten, was so alles an Komponenten auf Lager sein muss, um die Fertigung zu starten. Abstrahiert man das auf die Einwohner-„Stück“kosten-Problematik, so müsste es doch auch aus der Einwohnerstatistik und den IST-Kosten der jüngeren Vergangenheit möglich sein, zu ermitteln: Wieviel Straßen-/Versorgungsleitungs-/Polizei-/Schul-/Kitakapazität ein neuer Einwohner konsumiert. Und das ggf. auch über einen typischen Lebenslauf hinweg. Dann könnte man damit doch Grundstücke belasten, bevor sie als Baugebiet ausgewiesen werden: Kein Bau, bevor das Geld in der Gemeindekasse ist. Und wenn das nicht mehr hilft, weil bislang zu viele Bauplätze auch schon nicht dafür herangezogen wurden: Kann man nicht einfach den Stopp verkünden und nur noch Ersatzbauten zulassen? Einen guten Grund dafür hat man dann ja, der über Ideologie hinaus geht.

  3. Wachstum kostet erst einmal und soll hoffentlich Erträge bringen um die Folgekosten von Neuansiedlungen mindestens abzusichern ( Kanäle, Straßen, Kitas ,Schulen ,Sporteinrichtungen etc. )
    Eigentlich brauchen wir Mehreinnahmen schon jetzt.
    Wir wissen , dass auch jetzt schon Geld in den Kassen fehlt, dass z.B. für die Renovierung der Schulen, Bürgerhaus, Rathaus etc. benötigt wird.
    Mehr Steuereinnahmen ( nicht Steuererhöhungen ) sind dringend erforderlich .
    Die WHU hat schon in 2015 die Diskussion über Kostentransparenz der Infrastrukturfolgekosten von Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung in Henstedt-Ulzburg angeregt.
    Auf Vorschlag der WHU hat der Hauptausschuss dann in seiner Sitzung am 12.01.2016 den Beschluss gefasst, die Erkenntnisse aus dem Vortrag über die Folgekosten und fiskalischen Effekte der kommunalen Siedlungsplanung in die zukünftigen Planungen der Gemeinde in Bezug auf die Ortsentwicklung einzubinden.
    Dieser Verpflichtung muss die Verwaltung nach unserer Überzeugung jetzt bei allen Maßnahmen nachkommen und entsprechende Hinweise geben.
    Die WHU-Fraktion wird künftig verstärkt darauf achten, dass die Beschlüsse beachtet werden.
    Wir dokumentieren auf der Internetseite der WHU den Vortrag und auch die aktuelle Diskussion in Quickborn zu diesem Thema.
    Schauen sie mal rein : http://www.w-h-u.de
    Zur aktuellen Information aus der Sitzung zu dem Thema Abwasser .
    Die WHU hat vorgeschlagen, dass bei weiteren Baugebieten, die künftig angeschlossen werden sollen, die Verwaltung dem UPA einen Vorschlag zur Kostenbeteiligung zur Beschlussfassung vorzulegen hat. Ab welcher Anzahl der Häuser in neuen Baugebieten resp., Wohneinheiten die Beteiligung zu erfolgen hat, soll von der Verwaltung noch einmal vorgelegt werden.
    Das “ Beteiligungsmodell“ Wagenhuber ist für uns Richtschnur.

    1. „Beschluss gefasst, die Erkenntnisse aus dem Vortrag über die Folgekosten und fiskalischen Effekte der kommunalen Siedlungsplanung in die zukünftigen Planungen der Gemeinde in Bezug auf die Ortsentwicklung einzubinden.“ Dabei bin ich dann froh, wenn die GVer das auch nachhalten. Aber wir haben doch auch ein Rechnungsprüfungsamt. Wäre das nicht genau so ein Prüfpunkt, der bei jedem Verstoß durch die Verwaltung eine proaktive Warnung an die GV auslöst? Einem konkreten Beschluß müsste doch nicht nur eine termin- und qualitätsgebundene Umsetzung folgen, sondern auch begleitendes Controlling, damit überhaupt und in angemessener Effizienz gearbeitet wird. Zumal dies u.a. auch die GVer davon entlastet, wie im Kindergarten lfd. zu schauen, ob nach dem WC auch die Hände gewaschen werden und sich keiner ein Bonbon mehr nimmt. Die Umstellung zu einer doppelten Buchhaltung ist doch sicherlich längst „produktiv“?! Da könnte man das Prüfungsamt doch mal als echten „Watchdog“ zum Einsatz bringen…

  4. Das sehe ich auch so, Herr Barckmann. Wieso muss man dieses Ziel haben? Was passiert, wenn die 30k erreicht sind? Streben wir dann 35k oder gar 40k an? Was soll das?
    Ist die Formel: Mehr Bürger = mehr Steuereinnahmen? Ich verstehe es nicht.

  5. “ … Das Knacken der 30.000-Einwohner-Marke gibt es nicht zum Nulltarif … “
    Das klingt ja wie ein Wettbewerbsziel.

  6. Ich Frage mich ob es wirklich notwendig ist soivel Geld zu versenken.
    In Hamburg gehen die Abwasserzahlen immer weiter zurück,so das die Leitungen mit Wasser gespült werden müssen Wenn es Spitzenzeiten gibt -dann gibt es auch Zeiten mit wenig last.Fehlt da nicht nur ein Abwassersammler der die Spitzen kappt?

    1. Hallo Herr Daberkow, gemeindliche Sammler und der Hauptsammler des AZV-Pinneberg, an dem HU angeschlossen ist, sind vorhanden, können aber lokale Probleme nicht lösen. Der Rhen weist eine ziemlich ebene Topografie auf, aber die Schmutzwasserkanäle müssen zur Ableitung ein Gefälle haben. Dadurch werden in bestimmten Bereichen Pumwerke erforderlich, die das Abwasser wieder anheben, damit es den Sammlern zugeführt werden kann. Speichern kann man das Abwasser in Spitzenzeiten nicht, da es zu Faulprozessen , die nicht nur zu Geruchsbelästigungen sondern aufgrund der chemisch-biologischen Aggressivität auch zu Schäden an der Kanalisation führen können.
      Der Pro-Kopf-Verbrauch von Trinkwasser ist in den vergangenen Jahrzehnten von ca. 150 Liter je Einwohner und Tag auf ca. 120 Liter zurück gegangen, wird aber in der Gesamtmenge insbesondere in Wachstumsregionen wie Hamburg und sein Umland mehr als kompensiert. In bestehenden Wohnquartieren, die kein Wachstum haben und durch den demografischen Prozess in der Einwohnerzahl eher schrumpfen, kann die geringere Abflussmenge zu Ablagerungen führen, dass wie von Ihnen beschrieben die Kanäle häufiger gespült (nicht mit Trinkwasser?) werden müssen.

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